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Nach dem Eindringen der Franco-Truppen in Barcelona wird unter der Bevölkerung Brot verteilt.

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Während Franco begann, im Raum der Mündung des Segre in den Ebro massiv seine Truppen für den Einfall nach Katalonien zu konzentrieren, reiste Ministerpräsident Juan Negrín heimlich nach Paris und beschwor Frankreichs Außenminister, der Republik die für einen weiteren Widerstand dringlich benötigten 2000 Maschinengewehre und 100.000 Gewehre zu liefern. Das Ersuchen wurde abgelehnt, und darüber hinaus wurde auch die letz-te sowjetische Waffenlieferung in Frankreich blockiert.

Im zentralspanischen Teil plante der Generalstab noch eine Ablenkungsoffensive in der Extremadura, aber ehe sie startete, begann bereits am 23. Dezember 1938 Francos Angriff auf Katalonien. Der Generalissimus hatte damit immer wieder gezögert, weil er von der fixen Idee besessen war, dass dort die Franzosen eingreifen würden (was ihm auszureden "Condor"-Chef Richthofen einige Mühe kostete). Ob das so ganz abwegig war, darf bezweifelt werden, da Italiens Außenminister Ciano London warnte, dass Italien gegen eine solche Intervention Italien reguläre Truppen schicken würde, worauf Lord Halifax sogleich Paris mit Beistandsverweigerung drohte.

Wenig Kampfgeist

Die republikanische Ostarmee hatte dem Angriff wenig entgegenzusetzen. Insbesondere gegen die Luftüberlegenheit hatten die sowjetischen Jagdflieger kaum Chancen. Offenbar war in der "Volksarmee" der Kampfgeist verbraucht: beim ersten Angriff zogen sich ihre bestbewaffneten Einheiten rasch zurück. Hingegen leistete die frühere anarchistische Durruti-Kolonne (nach ihrem bei Madrid gefallenen Anführer genannt) so starken Widerstand, dass ihn die Nationalisten erst unter Einsatz aller verfügbaren Panzer brechen konnten.

Mitte Jänner 1939 hatten die Truppen Francos mit ihren italienischen Helfern bereits ein Drittel Kataloniens erobert. Unverständlicherweise hatte die katalanische "Generalitat" (die autonome Regierung) in keiner Weise für einen Verteidigungsring um Barcelona vorgesorgt. In einem Verzweiflungsakt ordnete sie die Generalmobilmachung aller Männer und Frauen zwischen 17 und 55 Jahren an. Die Wirksamkeit dieses Akts war schon deshalb zweifelhaft, weil Waffen und Munition bereits knapp waren. So begann eine Massenflucht aus der Hauptstadt in Richtung französische Grenze. Auch der katalanische Präsident Lluis Companys flüchtete (er wurde 1940 in Frankreich von der Gestapo verhaftet, an Franco ausgeliefert und hingerichtet).

Nach ständigen Bombardements musste Oberbefehlshaber Roja nach Madrid melden, dass es keine Frontlinie mehr gab. Unter denen, die kämpfen wollten, waren auch 5000 auf ihren vertraglich vereinbarten Abtransport wartende Interbrigadisten. Sie verlangten Waffen und bekamen sie. Nach dem Fall Barcelonas hielten sie eine italienische Einheit, die den Rückzug verfolgte, erfolgreich auf. Aber das änderte natürlich nichts mehr.

Terror in Barcelona

Am 26. Jänner kam die falangistische "Fünfte Kolonne" aus ihren Verstecken und half den marokkanischen Vorausabteilungen, die Stadt zu plündern und zu terrorisieren. Am 27. Jänner erschien die erste Franco-Zeitung - auf Spanisch, denn Katalanisch war sofort verboten - und verkündete "Gestern ist Barcelona befreit worden!" Dieser Befreiung fielen in den ersten fünf Tagen an die 10.000 Menschen zum Opfer. Francos rechte Hand Serrano Suner erklärte im Völkischen Beobachter: "Die Stadt ist völlig bolschewisiert. Ihre Zersetzung ist vollkommen, die Bevölkerung ist moralisch und politisch krank. Barcelona und seine Bewohner werden von uns wie Kranke behandelt werden."

Diese "Behandlung" war offenbar auch den hunderttausenden Flüchtenden - Soldaten wie Zivilisten - zugedacht. Die Tieffliegerangriffe der Legion Condor richteten Blutbäder an. Frankreich wollte zunächst nur zivile Flüchtlinge über die Grenze lassen. Aber die öffentliche Meinung erzwang die Aufnahme auch von Kombattanten; sie wurden interniert. Auch Premier Negrín, Republikpräsident Azana, Giral, Companys und der Baskenpräsident Aguirre überquerten am 5. Februar die Grenze. Insgesamt nahm Frankreich mehr als eine halbe Million Menschen auf. (Manfred Scheuch/DER STANDARD, Printausgabe, 16. August 2006)