Ebenfalls neu in der 40. Auflage: Das rot-weiß-rote Lesebändchen.

Foto: derStandard/Putschögl

ÖWB, Seite 639: "Sudoku" vor "sudeln": "Wörterbucharbeit findet nicht nur im Kopf statt, sondern auch manuell. Und bei 'Handarbeit' unter Termindruck geht halt manchmal etwas schief, wenn vielleicht auch nur ein paar Zeilen im Alphabet. Bei 'Sudoku' haben wir das zu spät gemerkt. Ist aber in der Schulausgabe (also nur ein paar Wochen danach) Gott sei Dank schon wieder korrigiert!"
(Herbert Fussy, Mitglied der ÖWB-Redaktion)

Österreichisches Wörterbuch,
Verlag öbvhpt,
1008 Seiten,
ISBN 3-209-05511-4,
19,95 Euro

1951, im Jahr seiner ersten Auflage, hatte es noch den sehr bescheidenen Umfang von 276 Seiten und enthielt rund 20.000 Stichwörter. Die soeben erschienene 40. Auflage des "Österreichischen Wörterbuchs" schlägt diesbezüglich alle Rekorde: Mehr als 80.000 Stichwörter auf über 1.000 Seiten machen das "ÖWB" zu einem wichtigen Nachschlagewerk - nicht nur in Sachen Rechtschreibung (die Neuauflage befindet sich selbstverständlich auf dem Letztstand der Reform). Vor allem die Besonderheiten des österreichischen Deutsch in Aussprache, Grammatik, Phraseologie und - natürlich - Wortschatz werden hier versammelt.

So sind rund 3.000 neue Einträge seit der letzten, 39. Auflage (2001) dazugekommen. Überaus geläufiges Beispiel ist wohl die "E-Card", erst seit knapp einem Jahr hier zu Lande (auch: hierzulande) in aller Munde, nun also auch von den SprachwächterInnen offiziell anerkannt.

"Sudoku" falsch gereiht

So schnell geht das bei anderen Wörtern nicht immer: "Googeln", im "Duden" schon seit 2004 verzeichnet, kommt in der aktuellen 40. Auflage noch gar nicht vor - zumindest nicht in der "Vollversion" mit 1008 Seiten. In der etwas dünneren Schulausgabe (864 Seiten), die pünktlich zu Schulbeginn erscheinen wird, ist es aber schon enthalten, erklärt Herbert Fussy, Mitglied der ÖWB-Redaktion, im Gespräch mit derStandard.at.

Selbiges widerfuhr übrigens auch dem "Weblog" (bzw. "Blog"), das ebenfalls nur in der Schulausgabe enthalten ist. Neu im ÖWB sind aber beispielsweise "Wikipedia", "Linux", "Skype/skypen", "VoIP" ("Voice over Internet Protocoll" - Telefonieren über Internet, Anm.), "VoiceMail", "Voicebox" und sogar "Sudoku" - wenngleich fälschlicherweise direkt vor statt nach dem Eintrag "sudeln" (was aber für die Schulausgabe bereits korrigiert wurde - siehe Bildtext links).

"SMSen" vs. "simsen"

Neu dazugekommen ist u.a. auch "SMSen" bzw. "smsen" ("eine SMS versenden"). Hier bestehe ein Unterschied zum Duden, der nur "simsen" kenne, erklärt Fussy. Die Sprache sei hier aber "sehr fließend" und man werde daher beobachten müssen, ob hier etwas nach Österreich "herüberschwappt".

Weitere neue Einträge beim Buchstaben "A": "Altenbetreuer", "anzipfen", "ablösefrei", "Audiobook", "Afro-Look" und "Alkopops".

Ein anderer neuer Begriff kommt aus dem Bereich des (Profi-)Sports: Das "Blutdoping", schon nach Olympia 2002 in Salt Lake City ein Geheimtipp, schaffte bekanntlich während der letzten Olympischen Winterspiele in Turin zumindest in Österreich den endgültigen "Durchbruch".

Kein "Arbeiterwohnheim" mehr

Doch nicht nur neue Einträge, sondern auch mehrere hundert Streichungen - teils aus Platzgründen - unterscheiden die 40. von der 39. Auflage: "Absperrkommando", "affengeil", "Arbeiterwohnheim" oder auch "AMS" - allerdings nicht als Abkürzung für das "Arbeitsmarktservice", sondern für die "Arbeitermittelschule" - sind nicht mehr enthalten.

Die "Gendarmerie" oder auch der "Schilling" wurden als "veraltet" gekennzeichnet. "Diese Wörter verschwinden aber natürlich keineswegs aus dem Wortschatz; vertraute Begriffe können sehr lange lebendig bleiben", meint Herbert Fussy.

Sprache lebt eben. Neben der "E-Card" sind auch die "Hacklerregelung" ("Sonderregelung für den Pensionsantritt bei Personen mit langer Versicherungsdauer") oder die "Pensionsharmonisierung" ("die Vereinheitlichung unterschiedlicher Pensionssysteme") neu im Kreise der "politischen" Begriffe.

Es darf nicht "gepempert" werden

Manchmal werden aber auch Begriffe, die nicht der "PolitikerInnensprache" entstammen, zu Opfern der Politik: Beim Wort "pempern" stand in der 39. Auflage des ÖWB erklärend nur noch Folgendes: "(ugs.): eine klopfende Arbeit verrichten" sowie "(ugs.): schlampig arbeiten". Die doch sehr weit verbreitete umgangssprachliche Bedeutung einer die Fortpflanzung fördernden Tätigkeit ("ugs.: koitieren") ließ man auf Geheiß des zuständigen Beamten im Bildungsministerium (in dessen Auftrag das ÖWB herausgegeben wird, Anm.) unerwähnt. Mit diesem "Bauernopfer" wurde 2001 auf zahlreiche Beschwerden besorgter Eltern reagiert, wonach im ÖWB "so viele schmutzige Wörter" enthalten seien, erzählt Fussy. In der neuen Auflage wurde dann auch die Bedeutung "schlampig arbeiten" gestrichen.

Dessen ungeachtet wird im neuen ÖWB nach wie vor großes Augenmerk auf Austriazismen gelegt; von "Strankerl" (kärntnerisch für "Fisole") bis zu "Zöger" bzw. "Zeger" (veraltet für einen Tragkorb aus Drahtgeflecht) finden sich im ÖWB viele Wörter aus dem "spezifischen Wortschatz der österreichischen Varietät der deutschen Standardsprache". Also ein Handbuch zum Schmökern, nicht nur zum Nachschlagen. (Martin Putschögl)