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Der Sozialist Juan Negrín, 1891 geboren, war der letzte Premier der spanischen Republik. Der ausgebildetete Bio-chemiker ging nach dem Putsch der Casado-Leute ins Exil. Er starb 1956 in Paris.

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Der Ministerpräsident der Republik, Juan Negrín, beriet in Toulouse mit seinem Rumpfkabinett die Situation nach dem Fall Barcelonas. Als Armee-Oberbefehlshaber Miaja aus Madrid den Vorschlag machte, Verhandlungen mit dem Feind zu versuchen, erhielt er keine Antwort. In der Hauptstadt machte sich der Zorn republiktreuer Offiziere gegen die Politik Negríns und die mit den meisten Befehlsfunktionen ausgestatteten KP-Funktionäre Luft, denen man die Schuld an den Niederlagen gab.

In Absprache mit Führern der anarchistischen Gewerkschaft CNT wurde die Bildung einer neuen Regierung überlegt. Erregt war man darüber, dass Negrín Mitarbeitern die geheime Weisung gegeben hatte, Madrid keinesfalls zu evakuieren, also Widerstand zu leisten. Die Forderung der Pasionaria, Madrid zur "Fackel, die den vom Faschismus geknechteten Völkern den Weg zur Befreiung weist" zu machen, schien selbst dem für die Komintern anwesenden Togliatti wirklichkeitsfremd.

Schlusspunkt 1939

Als Negrín am 12. Februar nach Madrid kam, bekräftigte er seine Haltung. Dann bezog er ein Landhaus nahe der Hafenstadt Alicante. Indes anerkannten Großbritannien und Frankreich die nationalspanische Regierung in Burgos. Republikpräsident Azanas legte daraufhin sein Amt nieder. Negrín konnte seine nicht kommunistischen Generäle nicht überzeugen. Sie scharten sich, gemeinsam mit Vertretern der anderen Volksfrontparteien, um den Befehlshaber der Zentralarmee, Kavallerieoberst Segismondo Casado.

Dieser bildete am 5. März einen "Nationalen Verteidigungsrat". Über Radio wurde eine Ansprache an die Bevölkerung ausgestrahlt: "In der Stunde der Wahrheit" wurde Negrín vorgeworfen, Widerstand zu verlangen, während er selbst "eine bequeme und lukrative Flucht" vorbereite. Seine Antwort auf das "pronunciamento" der Generäle war sein Abflug mit drei Maschinen, in denen sich die KP-Führer Uribe und La Pasionaria sowie Lister und andere Kommandeure befanden, nach Toulouse.

In Madrid wurde die Situation immer verworrener. Der kommunistische Kommandeur des I. Korps, Luis Barceló, ernannte sich zum Befehlshaber der Zentralarmee. Beide Seiten ordneten jeweils die Verhaftung ihrer Gegner an. Es entbrannten Kämpfe zwischen Kommunisten und Casado-Leuten. Diese gewannen, vor allem dank der Stärke der Anarchisten, die Oberhand. Barceló wurde von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Bei den Kämpfen waren 2000 Menschen ums Leben gekommen.

Kapitulation verlangt

Nun wandte sich Casado an Franco, um Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu führen. Die Antwort war, dass die geforderte bedingungslose Kapitulation Verhandlungen ausschließe. Am 26. März begann die Schlussoffensive, zunächst mit einem Bombardement Madrids (Condor-Chef Richthofen zynisch: "Unser Feuerzauber: überwältigend"). Da und dort liefen republikanische Einheiten zum Gegner über, allerorts tauchten weiße Fahnen auf. Tausende Gefangene wurden in Stierkampfarenen oder Lagern gebracht. Die "Fünfte Kolonne" und viele, die sich einfach rasch den neuen Verhältnissen anpassen wollten, begrüßten Francos Truppen mit dem Faschistengruß und dem Ruf "Han pasado" (Sie sind durchgekommen). Die Rache der Falange nahm freien Lauf; zudem gab es viele Selbstmorde.

Casado erklärte am 29. März die formelle Kapitulation und flüchtete nach Valencia; er wurde von einem britischen Kreuzer aufgenommen. Etliche KP-Führer wurden nach Oran ausgeflogen. In den noch freien Häfen kämpften Soldaten und Zivilisten um einen Platz auf den zum Auslaufen bereiten Schiffen.

Am 31. März meldete Francos Adjutant dem an Grippe erkrankten "Caudillo", dass mit dem Fall von Valencia, Almería, Murcia und Cartagena "alle Ziele der nationalen Truppen" erreicht worden seien. Dieser sagte nur: "Sehr gut, vielen Dank". Dann kam ein Telegramm Papst Pius' XII.: "Wir erheben unsere Herzen zu Gott, um mit Ew. Exzellenz für Spaniens katholischen Sieg zu danken." (Manfred Scheuch/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 17.8. 2006)