Die italienische Wirtschaft ist laut den ersten Voraussagen des Statistischen Amtes Istat im zweiten Quartal 2006 um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal und um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Auch hat Istat das Plus im ersten Quartal von 0,6 auf 0,7 Prozent nach oben korrigiert. Damit lag das Wachstum in Italien über den Erwartungen der Volkswirte, hinkt aber gegenüber der EU mit 0,9 Prozent im Quartalsvergleich nach. Der Geschäftsklimaindex bestätigt aber mit einem Fünfjahreshoch den Aufschwung beim südlichen Nachbarn.

Das Wirtschaftswachstum wird vorrangig von der Industrie und dem Dienstleistungssektor getragen. Die Landwirtschaft entwickelt sich im dritten aufeinanderfolgenden Jahr negativ. Die Industrieproduktion legte im ersten Halbjahr um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Die kräftigsten Zunahmen verzeichnete der Autosektor mit plus 25 Prozent.

Das Konjunkturforschungsinstitut Isae erwartet im dritten Quartal eine durchschnittliche Produktionszunahme von 2,5 Prozent. Grund für die Belebung ist nicht nur die kräftigere Nachfrage im In- und Ausland, sondern auch die Restrukturierung, die in zahlreichen Industriebranchen inzwischen abgeschlossen ist. Ein weiteres Signal für die derzeitige Erholung sind die im ersten Halbjahr überraschend stark gestiegenen Steuereinnahmen (plus 12,4 Prozent).

Wirtschaftsminister Tommaso Padoa-Schioppa hat dennoch bestätigt, rigorose Sparmaßnahmen einzuführen. Im neuen Budget (bis Ende September) sollen Einnahmenerhöhungen und Ausgabenkürzungen über 35 Mrd. Euro verabschiedet werden.

Öffentliche Aufträge schleppend

Negative Signale kommen vom öffentlichen Auftragswesen. Bis Juli sind die Auftragsvergaben um sechs Prozent auf 21 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr zurückgefallen. Einen abrupten Rückgang verzeichnete die Auftragsvergabe seit dem Regierungswechsel Mitte Mai 2006.

Infrastrukturminister Antonio Di Pietro hat eine Revision der eingeleiteten Infrastrukturprojekte bzw. der eröffneten Baustellen seines Vorgängers Pietro Lunardi vorgenommen. Angeblich fehlen für über die Hälfte der eröffneten Baustellen die Finanzierungsmittel. Di Pietro will im Herbst einen neuen Infrastrukturplan präsentieren. Sicher ist, dass zahlreiche Großprojekte der Vorgängerregierung unter Silvio Berlusconi ad acta gelegt werden. Selbst für die wichtigen Nord-Süd-Verkehrsverbindungen, für den Bau des Brennertunnels fehlen die nötigen Mittel.

Zu den Verlierern der Saison zählen die Staatsbahnen Ferrovie dello Stato (FS). Trotz der zu Jahresbeginn erfolgten Ausschreibung des Hochgeschwindigkeitsbahnhofs in Florenz im Wert von 900 Mio. Euro, ist der FS-Auftragswert zwischen Januar und Juli um 18 Prozent geschrumpft. (Thesy Kness Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.8.2006)