Er sei es seit 35 Jahren gewohnt, dass vor Uraufführungen die Werke in letzter Minute fertig würden, sagte Primgeiger Irvine Arditti vor dem Konzert. Aber diesmal seien die Noten "so knapp gekommen, dass nicht einmal wir das machen können". So kam denn, statt der geplanten zwei Teile von Brian Ferneyhoughs (insgesamt vierteilig angelegten) Zyklus Dum transisset nur der erste Teil zur Uraufführung. Dafür entschädigte die Erstaufführung von Ferneyhoughs fünftem Streichquartett, das erst im Mai uraufgeführt wurde: ein in sich rotierender, quasi nach innen explodierender Energieball, aus dem von den Instrumenten glühende Klang-Protuberanzen geschleudert werden, aber nur, um sich sofort wieder in den Feuerkern brodelnder Expressivität zurückzuziehen.
Kein größerer Gegensatz ist denkbar, als zwischen diesem in sich kreisenden Strudel und dem magisch aufblühenden, im Klang groß und farbig werdenden dritten Streichquartett Grido von Lachenmann: In atmosphärisch dichten Strukturen öffnen sich Ausblicke auf weite Klanglandschaften quasi im Cinemascope-Format.
Wo verstecken sich hinter Irvine Arditti, Ashot Sarkissjan, Ralf Ehlers und Lucas Fels und ihren Streichinstrumenten bloß die Fagotte, Kontrabässe, die Flöten und Klangschalen? Es war phänomenal, mit welchen Klangfarben und welchem Klangvolumen der Große Saal von nur vier Instrumenten durchblüht wurde.
Dieser Klangvielfalt von vier Instrumenten stand bei der Mozart-Matinee, mit Orchester- und Schlagzeug-Apparat samt Klavier, streut licht I an den bebenden rändern von Reinhard Fuchs gegenüber: Ein klangsinnliches, fein oszillierendes Stück, bei dem aber dahingestellt sei, ob der Riesenapparat um der Klangeffekte willen noch je einmal aufgeboten werden wird.