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In Anbetracht von Tiroler Schützen eine Lanze für weniger Ängste vor der Zukunft und für globaleres Denken statt politischem Populismus: Auftakt des Europäischen Forums Alpbach.

Foto: APA/Michael Korbel
Alpbach – Zum Auftakt der dreitägigen Reformgespräche in Alpbach, bei denen es um die Veränderungen in Europas Wirtschafts-, Lebens- und Arbeitsraum geht, zerpflückte gleich der tschechische Präsident Vaclav Klaus das Thema der ersten Veranstaltung: Sorge um Existenz, um Arbeitsplatz, um Ressourcen. "Das ist zu katastrophal", meinte Klaus. Er sei zum ersten Mal am 21. August 1968 in Alpbach gewesen. Damals seien die Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei einmarschiert. "Damals gab es Sorge um die Existenz."

Die Bedrohung durch den Islamismus sieht er als "überschätzte Gefahr", den "Europäismus" dagegen als "unterschätzte Gefahr". Die zunehmende Europäisierung "zerstört den Staat und schafft bürokratische Strukturen, die unser Leben mehr und mehr begrenzen", meint Klaus. Darüber müsse diskutiert werden und zwar ohne Rücksicht auf politische Korrektheit. Klaus bot eine Wette an, dass es in den nächsten zehn Jahren nicht zu einer Verknappung der Ressourcen kommen werde und dass auch die Sorge um Arbeitsplätze nicht so dramatisch sei. "Es reicht, das System des freien Marktes zu haben", meinte Klaus. Die Lacher hatte er auf seiner Seite, als er das "zunftartige System der Mitgliedschaften in Kammern" anprangerte und sich mit "Sorry, Herr Leitl", beim anwesenden Chef der Wirtschaftskammer entschuldigte.

Der Leiter des Think Tanks Avenir Suisse, Thomas Held, warnte vor zu viel Umverteilung als "Schlaraffenökonomie" und "Gefahr für unternehmerisches Handeln". "Es gibt die Gewissheit, dass es dieses Schlaraffenland nicht gibt." Politiker gäben zu sehr antiglobalistischen Strategien nach, wie bei der EU-Dienstleistungsrichtlinie und der Debatte über "nationale Champions".

"Für die Wirtschaftspolitik kommt es darauf an, sich nicht im Klein-Klein zu verlieren", appellierte Michael Hüther, Direkter des Instituts der deutschen Wirtschaft. Er verwies auf die enorme Bedeutung der Bildungspolitik: "Gott sei Dank haben Österreich und Deutschland den Pisa-Schock" erfahren, der Debatten "ohne ideologische Scheuklappen" ermöglichen sollte. Generell rief er zu mehr Optimismus auf: "Lassen Sie uns die Sorgen relativieren. Es ist nicht so, dass wir nicht handeln könnten." (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.8.2006)