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Die Ansprüche bei der Hauskrankenpflege sind unterschiedlich: Es geht um medikamentöse Versorgung, um Körperpflege, um den Haushalt oder auch bloß um Ansprache.

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Eine 24-Stunden-Betreuung ist für die meisten Angehörigen nicht machbar und offiziell auch nicht leistbar: Daher kommen Pflegekräfte aus dem Ausland zum Einsatz, die nur einen Schönheitsfehler haben: Sie sind nicht legal. Die Politik hat dieses System toleriert.

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Es gibt zu wenig Pflegepersonal, zu wenige Pflegeplätze und zu wenige finanzielle Mittel, um die Betreuung von alten, pflegebedürftigen und gebrechlichen Menschen in Österreich legal zu gewährleisten. Daher hat sich in den vergangenen Jahren ein zweites, im juristischen Graubereich agierendes Pflegesystem etabliert, das Personal zumeist aus den östlichen Nachbarstaaten bereithält, das verfügbar und leistbar ist - allerdings nicht legal.

Die Politik hat den drohenden Kollaps des Pflegesystems ignoriert, obwohl auch ÖVP-Politiker wie etwa Gemeindebundpräsident Helmut Mödl- hammer immer wieder darauf hingewiesen haben.

43.000 legalen Pflegekräften stehen mittlerweile 40.000 illegale Pflegekräfte gegenüber. Einsatz und Aufgabengebiete sind höchst unterschiedlich: Es geht um medikamentöse Versorgung ebenso wie um körperliche Pflege, um Aufräumen, Einkaufen oder schlicht um Ansprache und Gesellschaft. Ausländisches Pflegepersonal, das nicht über die notwendigen arbeitsrechtlichen Dokumente verfügt, kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn sich die Familie gegen ein Pflegeheim entscheidet und ihren Angehörigen ein Zuhause-Bleiben ermöglichen will - oder muss, weil der Pflegeplatz nicht verfügbar oder finanziell nicht leistbar ist.

In den meisten Fällen arbeiten offizielle Organisationen wie etwa die Volkshilfe oder das niederösterreichische Hilfswerk mit den im gesetzlichen Graubereich agierenden Vereinen oder illegalen ausländischen Pflegerinnen reibungslos zusammen - ein normaler Zustand, der sich in den vergangenen Jahren etabliert hat, bis es erste Anzeigen gab und Politik und Medien das Thema aufgriffen.

Laut Sozialministerium werden mehr als 80 Prozent der Hilfsbedürftigen von Angehörigen gepflegt. Die Zahl der Hilfs- und Pflegebedürftigen dürfte bei etwa 600.000 Personen liegen.

Von den pflegenden Personen sind die meisten Frauen. Geht man nach dem Verwandtschaftsgrad der betreuten Personen, liegt die eigene Mutter an erster Stelle, das dürfte etwa in einem Drittel der Fall sein, gefolgt vom Ehepartner oder Lebensgefährten, in zehn Prozent ist es die Schwiegermutter.

Im Jahr 2004 hat Österreich laut Statistiken des Sozialministeriums fast 1,8 Milliarden für das Pflegegeld ausgegeben. Die Kosten steigen seit 1998 jährlich, obwohl das Pflegegeld von 1996 bis 2004 nicht erhöht worden ist. Den weitaus größten Anteil am Aufwand für Pflegegeld trägt der Bund: Im Jahr 2004 waren es knapp 1,5 Milliarden Euro.

Pflege ist aber nicht gleich Pflege. Grundsätzlich wird zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Diensten unterschieden. Eine weitere Unterscheidung betrifft Pflege- und Betreuungsdienste. Illegal beschäftigte Pfleger aus dem Ausland arbeiten vorwiegend in der ambulanten Pflege und Betreuung. Illegale Pfleger leben oftmals im Haushalt und bieten so eine Art 24-Stunden-Bereitschaftsdienst an. Mit anerkannten österreichischen Pflegern wäre eine derartige Rund-um-die-Uhr-Betreuung finanziell nicht leistbar. (völ/DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2006)