Thomas Burg

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Standard: Ist Social Software Teil des Arbeitsalltags hier zu Lande? Burg: Österreich ist sehr traditionell aufgestellt, und zwar querdurch, von der Verwaltung bis in die Großindustrie hinein. Aber auch auf internationaler Ebene wird Social Software von der großen Mehrheit der Unternehmen noch nicht als ein Szenario zur Steigerung von Produktivität und Innovation gesehen.

Standard: Woran liegt das?
Burg: Meist führt der Einsatz von Kommunikationssoftware nur zu einer bloßen Spiegelung im virtuellen Raum. Das ist aber eine unergiebige Doppelung. Organisationen müssen lernen, sich virtuell anders herauszubilden, wenn auch komplementär zur realen Struktur.

Standard: Gibt es dafür ein Erfolgsrezept?
Burg: Studien legen nahe, dass zwei Faktoren zusammenkommen müssen. Das eine ist der richtige IT-Support, sprich: barrierenreduziert, einfach und von Nutzern anpassbar, die keine Experten darin sind. Das andere ist die soziale Moderation, die "facilitation". Ein Beispiel: ein Mitarbeiter ist Wirtschaftler und sitzt in Argentinien, der zweite ein Techniker in Finnland und der dritte Projektmanager in Polen. Sie müssen dazu gebracht werden, dass sie die Tools nutzen und einander ihre Outputs sichtbar machen.

Standard: Warum sind Organisationen so zögerlich?
Burg: Social Software versucht die Verantwortung dem Einzelnen in die Hand zu geben und die Effekte kollektiv auszuwerten. Mit dem Delegieren tun sich Organisationen schwer, die Zentrale gibt das Heft ungern aus der Hand. Kontrolle ist aber ein Hindernis für Zusammenarbeit.

Standard: Sind Sie hauptberuflich ein Angstnehmer, der Organisationen davon überzeugt, Kontrolle aufzugeben? Burg: Ich sehe mich als Übersetzer von Möglichkeiten und Erfahrungen aus dem Bereich der Consumer in den der Organisationen. Es geht um die Informationsarchitektur, die letztlich nichts anderes als ein soziale und technische Umgebung ist. Aber um Informationsarchitektur gestalten zu dürfen, muss man auch zum Angstnehmer werden. (hoco/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 23.8. 2006)