Tatjana Lackner, Politik-Profilerin und Direktorin der Schule des Sprechens, analysiert, inwieweit unsere Volksvertreter die Kunst des Sprechens beherrschen
Redaktion
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Analyse des "Sommergesprächs" vom Dienstag, 22. 8. 2006, in ORF 2:
Stärkenprofil:
Dank Gabi Waldner hat Peter Westenthaler sympathischer gewirkt und trotz mangelnder Gastfreundschaft die Nerven nicht verloren. Beim Wissensquiz zwischendurch hatte er sogar die Nase vorn.
Der Versuch, sich selbst als Bauernopfer der Politik darzustellen, war zwar ein Schuss "ins eigene Knie", aber dennoch glaubwürdig.
Es ist legitim, eine Frage abzulehnen und dem Publikum rhetorisches Übergewicht zu ersparen.
Das Thema "Schulbeginn und wie schlechter Verdienende mit den finanziellen Belastungen umgehen" wurde von der Moderatorin schlicht abgelehnt. Westenthaler reagierte betroffen und konterte direkt: "Ihr überhebliches Lachen zeigt mir, dass Ihnen dieses Thema egal ist."
Die Milieusprache des Bündnisobmannes ist verwandt mit der von Konkurrent Strache, mit dem Unterschied: Westenthalers Dialekteinflüsse wirken nicht aggressiv, dafür ebenso authentisch.
Schwächenprofil:
Störungen und Klärungen haben immer Vorrang! Westenthaler hätte schon früher die Kommunikationsblockaden der Moderatorin ansprechen müssen. Das Klima hat von den Inhalten abgelenkt. Der Wechsel auf die Metaebene ("wie reden wir miteinander") schafft die Möglichkeit auszusteigen. Ein klärender Satz hätte genügt, z.B.: "Frau Waldner, Sie haben mich eingeladen - bitte, verhalten Sie sich auch wie eine Gastgeberin. Am 1. Oktober wird nicht zwischen uns beiden abgestimmt."
Leger liegt im Trend. Stilfehler von FPÖ-Ex-Kollegen Strache zu wiederholen aber nicht: Auch Westenthaler trug braune Schuhe nach 17.00 Uhr und war zudem stärker geschminkt als die Moderatorin.
Jede Menge Wortschatzprobleme und Grammatikfehler ermutigen den kritischen Betrachter zum Sammeln: "& weil wir machen werden, wofür wir stehen", "Wenn es die Möglichkeit besteht".
Auf die Frage, wie das BZÖ es logistisch schaffen möchte, 300.000 Menschen außer Landes zu befördern, reagierte der Bündnisobmann pseudo-originell: "Mit dem Auto, dem Bus, der Bahn."
"Mut gewinnt" ist der Slogan von Peter Westenthaler, den er der Moderatorin gegenüber an diesem Abend von der Liste gestrichen hatte.
Widersprüchliche Botschaften sind immer Fallstricke: "Wir würden mit allen! - Nie mit den Grünen!", "Wir denken nicht darüber nach, wer Posten nach der Wahl bekommt." In einem anderen Nebensatz wünschte sich der Bündnisobmann "das Innenministerium zu stellen". (DER STANDARD, Printausgabe, 24. August 2006)
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