Berlin - 2008 könnte es endlich so weit sein. Dann sollen die Weichen bei der Deutschen Bahn (Jahresumsatz 2005: 25 Milliarden Euro) so weit auf Privatisierung gestellt sein, dass der seit Jahren geplante Börsengang stattfinden kann.

Um diesen Zeitplan einzuhalten, muss jedoch diesen Herbst entschieden werden, in welcher Form die Deutsche Bahn, deren einziger Anteilseigner derzeit der Bund ist, zum Verkauf angeboten wird. Doch in Berlin tobt nach wie vor ein erbitterter Streit um den künftigen Kurs.

Die Bahn geht ohne ihr 34.000 Kilometer langes Gleisnetz an die Börse, hieß es am Dienstagabend, nach einem Treffen von Koalitionspolitikern im Verkehrsministerium und, so mancher frohlockte bereits über die Niederlage von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn. Dieser spricht sich nämlich vehement für eine "integrierte Lösung" aus - also dafür, den Konzern mitsamt seinem Gleisnetz auf den Kapitalmarkt zu bringen. Im Paket sei die Bahn an der Börse viel wertvoller und bringe wesentlich mehr Einnahmen, argumentiert er.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) stellte jedoch am Mittwoch klar, dass die Bahn auf ihrer Fahrt zur Börse nicht vom Schienennetz abgekoppelt werde. Man müsse in den nächsten Wochen allerdings die Frage klären, wer Eigentümer des Netzes werde.

Dafür gibt es laut Tiefensee zwei Varianten: Der Bund bleibt Eigentümer und gewährt der Bahn ein uneingeschränktes Nutzungsrecht. Oder: Die Deutsche Bahn geht doch mit ihrem Schienennetz an die Börse, muss es aber nach 20 bis 30 Jahren wieder an den Bund zurückgeben. Wenn die Bahn die Schienen behalte, dann werde die Bundesnetzagentur schon für ungehinderten Wettbewerb sorgen, sagte Tiefensee.

Streikdrohung

Die Gewerkschaft Transnet droht für den Fall einer Aufspaltung von Bahn und Schiene mit Streik. "Das wäre ein Verkauf an Eigentümer, die wir nicht kennen, von denen wir nicht wissen, ob sie Tarifverträge akzeptieren", sagt Transnet-Vorsitzender Norbert Hansen. Er hofft auf ein baldiges Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Hansen: "Wir brauchen eine schnelle Entscheidung. Man spielt nicht mit einem Unternehmen mit 240.000 Arbeitsplätzen." Unterstützt wird Transnet in seiner Forderung von Arbeitsminister und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD). (bau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.8.2006)