Die viel zitierte Wissensgesellschaft steht vor einem großen Problem. Während auf der einen Seite immer mehr Informationen verfügbar werden, nimmt die Qualität des Wissens kontinuierlich ab, erklärte Klaus Tochtermann, der Leiter des Know Center Graz Mittwochabend im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema "Wirksames Wissen statt Info-Overkill" in Wien. Gründe dafür seien zum einen unvollständiges Wissen wie es von interaktiven Internetlexika wie Wikipedia angeboten werde, zum anderen gebe es viele einseitige Informationen, die von einer internetaffinen Jugend als Fakten wahrgenommen würden.

Mondlandung

Tochtermann brachte als Beispiel die Debatte über die Mondlandung, deren Echtheit in zahlreichen Internetforen bestritten wird. Da sich die NASA aus dem Diskurs heraushalte und daher wenig Gegendarstellungen kursieren, würden Jugendliche in ihren Schulreferaten die Meinung der Internet-Community rezipieren, weil diese verfügbar sei. Informationsdienstleister und Wissensanbieter müssten gerade bei dieser Zielgruppe noch viel Überzeugungsarbeit hinsichtlich des Nutzens ihrer Dienste leisten, weil das Argument der Qualität oft nicht ausreichend sei.

Die Leute surfen gerne im Internet und finden gerne etwas, auch wenn es vielleicht durch die Brille eines Theoretikers betrachtet Schund ist."

Diesem Befund pflichtete auch Peter Kotauczek, Vorstandsvorsitzender der BEKO Holding, bei: "Die Leute surfen gerne im Internet und finden gerne etwas, auch wenn es vielleicht durch die Brille eines Theoretikers betrachtet Schund ist." Medienunternehmen empfahl er, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und nicht mit Wikipedia konkurrieren zu wollen. Dafür würden auch die Kapazitäten fehlen. Die "Informations-Löcher", die durch die Agenda-Auswahl bei Nachrichtenunternehmen entstehen, könnten seiner Meinung nach vor allem durch das Internet gestopft werden.

Weiter

Tochtermann ging in seinen Empfehlungen noch einen Schritt weiter. Nicht die neueste und schnellste Information werde in Zukunft wirklich entscheidend sein, sondern die Form, wie diese zugänglich gemacht werde und wie gut Medienkonzerne in der Lage sind, Beziehungen zwischen den einzelnen Informationseinheiten herzustellen. "Die Entwicklung von Institutionen und Personen wird ein großes Thema sein und das eigentliche Wissen, das in Zukunft Macht ausmachen wird", so der Leiter des Know Center.

Dass Verknüpfung und Kontextualisierung von Informationen zunehmend wichtiger werden, dessen sei sich auch die APA bewusst, wie Geschäftsführer Wolfgang Vysolzil in seinem Statement betonte. Man habe in den letzten Jahren sehr viel in Technologien investiert, die diese Prozesse unterstützen. Das Bedrohungsszenario des Internets nehme er durchaus ernst, er glaube aber, dass zuverlässige Information auch in Zukunft trotz Wikipedia und Google ein zentrales Asset sein werde - vor allem für Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik.

Match um Macht

Ob Faktenwissen im Match um Macht allerdings alleinig für den Erfolg verantwortlich sei, bezweifelte Mitdiskutantin Hanna Risku, Leiterin des Departments für Wissens- und Kommunikationsmanagement an der Donau-Universität Krems. Wichtig sei letztlich auch das Know-how, also die Kompetenz, um Wissen Nutzen bringend anwenden zu können.(APA)