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Christoph Zielinski

Foto: REUTERS/Achim Bieniek
Alpbach - Kampf dem Krebs: Die modernsten medikamentösen Therapien verlängern eindeutig die Lebenszeit der Patienten und verbessern ihre Lebensqualität. Doch die Kosten steigen. "Wenn man das Bessere für die Patienten will, wird das mehr kosten. Das ist ganz einfach", sagte der Wiener Onkologe Christoph Zielinski, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin am Wiener AKH, bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen. Aus seinen Berechnungen ergibt sich schon jetzt - am Beginn der Entwicklung - ein Mindest-Mehrbedarf an Geld für die neuen Medikamente von jährlich mehr als 120 Millionen Euro in Österreich.

Diskussion

Zielinski hat vor einem Jahr mit einer Wortmeldung zu den enormen Chancen und den gleichzeitig steigenden Aufwendungen für die medikamentöse Krebstherapie eine heftige gesundheitspolitische Debatte ausgelöst. Nicht anzuzweifeln sind die Fortschritte der Medizin auf diesem Gebiet. Der Experte: "Das sind biologisch gezielte Therapeutika und auch die Fortschritte in der Chemotherapie."

Die Grunddaten

Im Jahr 2004 starben in Österreich 19.245 Menschen an Krebs. Bei den Männern ist jeder dritte Todesfall darauf zurück zu führen, bei den Frauen fast jeder vierte Todesfall.

Chemotherapie versus Molekularbiologie

Während die klassische Chemotherapie vor allem durch das Auslösen von Erbsubstanzschäden in bösartigen Zellen den Tumor bekämpft, hat die Molekularbiologie in den vergangenen Jahren immer mehr Zielstrukturen in und auf Krebszellen identifiziert, die mit monoklonalen Antikörpern und kleinen Molekülen gezielt angegriffen werden können (targeted therapy). Solche Ziele sind Rezeptoren für Wachstumsfaktoren (Zellteilung, Blutversorgung von Tumoren), aber auch Enzyme, welche das ununterbrochene Wachstum von bösartigen Zellen antreiben.

Hemmung von Zellwachstum oder Neubildung

Zielinski: "Die Krebstherapie des Jahres 2006 setzt zum Beispiel auf Antikörper wie ´Herceptin´, ´Rituximab´ oder ´Erbitux´, um das Wachstum von Tumoren zu stören oder den Zelluntergang auszulösen. Andere Antikörper wie Avastin oder kleine Moleküle wie ´Sutent´ oder ´Sorafenib´ hemmen die Gefäßneubildung in Tumoren."

Erfolge

Die in den weltweit renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Erfolge damit sind laut dem Wissenschafter eindeutig: "Bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs, der auf Herceptin anspricht, leben nach einer Kombination mit Chemotherapie nach 29 Monaten noch 50 Prozent der Kranken. Ohne das zusätzliche Arzneimittel ist bereits nach 20 Monaten die Hälfte der Betroffenen gestorben." Dabei handelt es sich um Erfolge, die auch noch bei Brustkrebspatientinnen im Endstadium ihrer Erkrankung erzielt werden können.

Österreich liegt bei der Verwendung des Medikaments international mit an der Spitze. Seit vergangenem Jahr aber ist wissenschaftlich klar, dass praktisch jede Frau mit für die Behandlung in Frage kommendem Brustkrebs (20 bis 25 Prozent der Patientinnen), auch schon im Frühstadium zu einer herkömmlichen Chemotherapie auch den monoklonalen Antikörper bekommen sollte.

Neue Welle an Medikamenten

Doch die Welle der völlig neuen Biotech-Therapien bei Krebs ist gerade erst angerollt. Mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab lässt sich die Überlebensdauer von Lymphompatienten signifikant erhöhen. Die von Zielinski errechneten zusätzlichen Jahreskosten für Österreich: 16 Mio. Euro. Dazu kommen noch mindestens 30 Mio. Euro für die Verwendung des monoklonalen Antikörpers Bevacizumab bei Dickdarmkarzinom-Patienten.

Synthetische Moleküle

Als nächstes kommen die kleinen synthetischen Moleküle, mit denen immer mehr bösartige Erkrankungen besser therapiert werden können. Christoph Zielinski: "Das in nächster Zeit verfügbare Arzneimittel ´Sunitinib´ erhöht bei Kranken mit Nierenkarzinomen die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung um 59 Prozent und verbessert über ein Jahr gesehen die Überlebensrate um 35 Prozent. Für Österreich würde das zusätzliche Aufwendungen von 16,8 Mio. Euro bedeuten."

Bereits revolutioniert hat das ähnliche Arzneimittel Glivec die Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (150 Neuerkrankungen pro Jahr in Österreich). Der Kostenrahmen für Österreich beträgt hier rund 7,2 Mio. Euro. Nimmt man noch für Lungenkarzinom-Patienten das neueste Präparat Erlotinib hinzu, kommt man auf weitere Ausgaben von rund 7,7 Mio. Euro. (APA)