Mogadischu - Die im Süden von Somalia herrschenden
radikalislamischen Milizen treiben die Islamisierung des Alltags
rigide voran. Am Freitag ordneten die Islamisten an, dass Handel und
Verkehr während in der Zeit der fünf Mal täglich stattfindenden
Gebete vollständig zum Stillstand kommen. "Gegen jeden, der sich der
Anordnung widersetzt, werden wir hart durchgreifen", sagte der Chef
der zu den Milizen gehörenden Sharia-Gerichte in Mogadischus
Siinay-Distrikt, Scheich Mowliid Ahmed.
"Wir werden Gewalt anwenden, um die Leute zu dieser Entscheidung
zu bringen, und wir werden dabei nicht zögerlich sein." Laut
Augenzeugenberichten folgten viele Bewohner der Hauptstadt Mogadischu
der Anordnung, weil sie Strafen fürchteten.
Schriftliche Anweisung
Aus der 90 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Dshowhar berichteten
Augenzeugen, dass Milizionäre zur Gebetszeit durch die Straßen
patrouillierten und kontrollierten, ob die Geschäfte schließen. Der
Vizechef der Stadt für Sicherheitsfragen, Scheich Mohamed Mohamud,
sagte: "Wir haben eine schriftliche Anweisung herausgegeben,
derzufolge die Leute ihre Geschäfte schließen müssen, und jeder, der
sich nicht daran hält, muss mit schmerzhafter Strafe rechnen." Sobald
der Muezzin zum Gebet rufe, müsse "jeder sein Geschäft verlassen und
zum Gebet gehen".
Geringe Macht der Übergangsregierung
Die Organisation der islamischen Gerichte hat mit ihren Milizen
bereits Mogadischu sowie weite Teile des Südens unter ihrer
Kontrolle, sie rücken auch immer weiter in den Norden vor. Experten
fürchten, Somalia könnte ähnlich wie Afghanistan in den 90er Jahren
unter den Taliban zu einem Rückzugs- und Ausbildungsort für den
islamistischen Terrorismus werden. In Somalia herrscht seit dem Sturz
der Diktatur unter Siad Barre im Jahr 1991 Bürgerkrieg. Die
offizielle Übergangsregierung mit Sitz im nordwestlich der Hauptstadt
Mogadischu gelegenen Baidoa hat kaum Macht. (APA)