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Irgendwie haben wir ja alle viel zu tun. Viel zu viel, als dass man seine Zeit damit vertun sollte, allzu viel untereinander übereinander herzufallen. Nun. Was können wir machen, damit unser aller Energie sinnvoller und zielführender eingesetzt wird? United quasi? Wir können uns tatsächlich über die Unsitten am Markt unterhalten. Und hoffen, dass die Branche dadurch ein besserer Platz zum Leben wird. Ich beginne. Und rede über´s Pitchen. Als eine der größten Agenturen am Markt trauen wir uns das. Wir haben in diesem Jahr 6 mal präsentiert und 3 mal gewonnen. Klingt nicht besonders, macht uns auch nicht übertrieben stolz, ist statistisch aber gewaltig. Leider. Denn: Zur Zeit werden durchschnittlich 8 Agenturen zu einem Pitch eingeladen. (Mir würden als Unternehmer auch nach langem Nachdenken übrigens keine 8 Agenturen einfallen, die zu mir passen könnten). Ein Beispiel, das sich so nie zugetragen hat. Weil schlimmer: Da werden 14 Agenturen eingeladen, sich vorzustellen und erste Gedanken (Layouts werden noch nicht erwartet) zu präsentieren. Zur Verschärfung müssen die vielleicht auch noch nach Irgendwohinhausen fliegen. Auf eigene Kosten, falls jemand fragt. Da 13 Agenturen nach der Eigendarstellung auch schon tolle Layouts gezeigt haben (wir reichen uns gegenseitig die Hand und nehmen uns alle bei der eigenen Nase) und damit die Erwartung der Pitchveranstalter bei weitem übertroffen haben („...wir waren überrascht von der initiativen Begeisterung für unsere Marke...“), will man nicht unmenschlich sein und da die Auswahl sowieso schwer fällt, lädt man 12 davon zur Strategiepräsentation ein (Layouts werden noch nicht erwartet). Gong. 12 von den 12 präsentieren beinahe fix und fertig gereinzeichnete Sujets, sowie sendefähiges FFF-Material und da es ja eine Strategiepräsentation ist, präsentieren 9 Agenturen das alles auf 3 verschiedene Wege. „Aha.“ Denkt sich der Kunde „und wie jetzt?“ und da den Agenturen ja eh alles so einfach von der Hand geht – ach bitte, nicht der Rede wert – lädt man die obligatorischen 8 zur Finalpräsentation. Damit Licht ins Düster gebracht und dem Vorstand bewiesen wird, was sich seine Leute so alles antun übers Jahr und wie wahnsinnig kompliziert das alles ist – um mit den Worten eines großen Mannes zu sprechen. Wir wären also fast schon beim Finale. Das Briefing, fast vergessen, sei noch schemenhaft erwähnt, wurde es doch gemeinsam mit den angesagtesten Mafo-Instituten erarbeitet. 27 Menschen quer durch alle Alters-, Interessens,- Geschlechts, - und Einkommensverhältnisse wurden befragt, hören wir, geclustert und danach in Bezug zu ihrem Wohnort, ihrem Medienkonsumverhalten und der sexuellen Vorliebe ihres Hundes gestellt. Hundertausende habe das gekostet, hören wir, aber was ist dem Auftraggeber die daraus resultierende Erkenntnis „dass der Mensch in der Mittes all unseres Handelns steht“ nicht alles wert. Latürnich. Der Mitarbeiter der dienstleistenden Kommunikationsmittelanfertigungszunft nickt verschwörerisch wissend, bedankt sich artig und verlässt das Sammelbriefing mit dem biblischen anmutenden Konvolut. Freilich hätte er vorher aufstehen können und nach dem nie erwähnten Abschlagshonorar fragen. Oder bleiben und fragen. Aber der linkische Exkollege von schräg gegenüber, der hat doch nur auf seine Chance gewartet, weiß doch jedermann, dass er mit seiner kleinen Agentur, die mittlerweile auch 100 Mann hat oder so, alles und das zu jedem Preis und nie das Maul aufmacht und überhaupt ...

Ersparen wir uns die Details zur 4 wöchigen Erstellung von 400 anspruchsvollen Präsentationsseiten und switchen wir gleich zum aha Moment an dem der von den sieben vorangegangenen Präsentationen sieben mal mit dem selben Problem konfrontierte Vorstand ungehalten donnert, wie denn überhaupt alle darauf kämen, dass das vorgebrachte Problem in irgendeiner Art und Weise für sein Unternehmen relevant sei. Herr Marketingleiter! Hallo! Hier wäre eine kurze Erklärung und anschließende Verteidigung ihres Briefings angesagt. Herr Marketingleiter, Hallo, ist da wer ...?

Nach weiteren 2 Runden wird 3 Monate später der Pitch entschieden. Mit den aufmunternden Worten des oben erwähnten Vorstandes, dass man „jetzt sowieso schauen wird, was man reklametechnisch so machen muss und dass man da sowieso noch mal ganz von vorne anfangen wird müssen und dass´ halt wichtig ist, dass ma des Produkt auch guat verkaufen“. Wie meinen? Wurscht. Erneut der Nickreflex. Abgang, in die Arme fallen. Freude. Und zwar bevor die Nachricht am nächsten Tag kommt, dass das Budget aufgrund der firmeninternen Umschichtungen erstens halbiert und zweitens die Kampagne in Form einer DM-Maßnahme aufs nächste Jahr verschoben wird. Aber vielleicht wird dazu ja auch ein Pitch gemacht ...

Zurück zu den 8 eingeladenen Agenturen. Eine NB Präsentation kostet eine seriöse Agentur ca 20.000.- Euro. Rechnen Sie ruhig nach. Wenn eine Agentur durchschnittlich performt, also jede achte gewinnt, kostet sie der Gewinn eines Kunden heute 140.000 Euro. Halt, ich habe das Abschlagshonorar der 4 Kunden vergessen, die bereit waren, eines zu bezahlen. 5500 Euro gesamt. Macht Pitchkosten von 134.500.- Euro. Doesn´t sound like a good deal, wie der Brite sagt. Aber Gott sei Dank gibt´s ja seit einiger Zeit die Pitchberater. Nur darüber soll dann bitte jemand anderer schreiben.