Im März hatten die Männer in einer britischen Klinik testweise den neuen Wirkstoff der Würzburger Pharmafirma TeGenero erhalten. Das Mittel mit dem Namen TGN 1412 war für die Bekämpfung von Multipler Sklerose, Blutkrebs und Rheuma gedacht. Der Test wurde nach den katastrophalen Komplikationen eingestellt.
Organversagen
Die sechs Männer erhielten das Mittel aus Antikörpern zur Stimulierung des Immunsystems. Bereits innerhalb der ersten Stunde nach der Infusion zeigten sich massive Unverträglichkeiten bei den Männern, die sich bis zum Versagen mehrere Organe ausweitete. "Am überraschendsten war die absolut stereotype Reaktion aller sechs Patienten auf das Mittel", schreibt das Team um Ganesh Suntharalingam, das die Männer auf der Intensivstation betreute. Der Krankheitsverlauf lasse sich in Phasen einteilen.
Phase eins begann mit starken Kopf- und Muskelschmerzen, Unruhe und Übelkeit. Es folgten Blutdruckschwankungen, Herzrasen und hohes Fieber. Schrittweise entzündete sich der ganze Körper. Mögliche Ursache: Zahlreiche Zellen im Körper schütteten Botenstoffe (Zytokine) aus, mit denen sie untereinander kommunizieren. Es fegte ein so genannter Zytokin-Sturm durch die Körper der Patienten.
"Elefanten-Mann"
In Phase zwei - von Tag eins bis drei, bei den zwei besonders schwer Erkrankten sogar bis Tag acht - versagten einige Organe. Die Nieren arbeiteten nicht mehr richtig, die Atmung war gestört und es bildeten sich Blutgerinnsel im ganzen Körper. Alle Männer wurden an die Blutwäsche angeschlossen und erhielten Transfusionen. Zwei wurden über viele Tage künstlich beatmet. Bei einem schwoll das Gewebe am ganzen Körper derart an, dass ihn die Medien als "Elefanten-Mann" bezeichneten.