Women speak up!
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Neben allen Inhalten, die von Medien wahrgenommen, übertragen und gespeichert werden, gilt spätestens seit McLuhan auch die provokante Einsicht, dass schon das Medium selbst die Botschaft ist. Medien werden als technische Strukturen der Welterschließung verstanden; die menschliche Weltwahrnehmung ist abhängig von der jeweils kulturell realisierten medialen Technizität. Mit anderen Worten: Kein Medium geht allein in seinen inhaltlichen Bezügen auf. Seine eigentliche Botschaft ist die Veränderung, die es der Sinnesorganisation und damit der Grundbefindlichkeit menschlichen Daseins zufügt: "Alle Medien sind mit ihrem Vermögen, Erfahrung in neue Formen zu übertragen, wirksame Metaphern." Nicht nur die elektronisch vermittelte Kommunikation, sondern vor allem die Vereinheitlichung des Mediensystems, das sich auf der technischen Grundlage der Digitalisierung in unserer Zeit deutlich abzeichnet, lässt hier völlig neue kulturelle Ordnungen entstehen.

Etwas tun

Sich in diese einzuklinken, ist Frauen aus Rio de Janeiro gelungen. Seit den späten 80er Jahren arbeitet die Frauenorganisation CEMINA an - wie würden wir hier sagen: - Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen jeden Alters in und mittels Kommunikationstechnologie. Schlicht und ergreifend: CEMINA gibt Frauen die Möglichkeit, sich ans Mikrofon zu setzen und ihre Meinungen und Anliegen über den Äther zu schicken. Was mit dem Programm "Women speak up" 1990 begann, läuft mittlerweile 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche. Hauptthemen der Sendungen: die alltägliche Gewalt gegen Frauen, Sexualität, Verhütung, Selbstbestimmung, Frauenrechte.

Ausbildung

Der Anklang bei den Frauen auf der Straße war groß, Frauenanliegen wurden in Rio Thema und CEMINA begann damit, Radio-Ausbildungsprogramme anzubieten, um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, ihre Stimme öffentlich zu heben - und damit die Frauen ihre Hard Skills auch weitergeben können. Das Women's Radio Network entstand. "Telecenters" gibt es mittlerweile in ganz Brasilien. Und da das Internet mindestens eine genauso geeignete Struktur wie das Radio anbietet, haben sich die CEMINA-Frauen auch daran gemacht, es für sich zu erschließen und zu nutzen. Musste frau früher die Programme und Lektionen in Sachen "Wie mache ich Radio" per Audiokassetten oder CDs erwerben, stehen die nun kostenlos zum Download auf den CEMINA-Sites parat.
Außerdem wurde "Cyberela" ins Leben gerufen: Die jeweiligen Teilnehmerinnen an diesem Ausbildungsprogramm erhalten einen Computer samt Software zur Audio-Bearbeitung, Kurse, wie die Hard- und Software funktioniert und einen Breitband-INet-Anschluss. Die Nutzerinnenkompetenz wird durch technische Assistentinnen, die für ein halbes Jahr bereit gestellt werden, verbessert.

Nachhaltigkeit

Durch diese Qualifikation steigen die Chancen der Frauen auf bessere Jobs und finanzielle Unabhängigkeit; daneben ist der soziale Faktor kein unerheblicher. Frau trifft frau, Freundschaften und Netzwerke entstehen. So leistet CEMINA mit ihren zahlreichen Projekten "nachhaltige Entwicklungsarbeit für Menschen, die als Opfer von geschlechtsspezifischer Diskriminierung und den Auswirkungen des 'Digital Gap', des gesellschaftlich vorgegebenen unterschiedlichen Zugangs zur Informationstechnologie, doppelt benachteiligt sind", lautet es treffend von Seiten der Prix Ars-Jury, die CEMINA für das "Cyberela"-Projekt bei der heurigen Ars in der Sparte "Digital Communities" auszeichnete. Lange nicht der einzige Preis, den die "Cyberelas" und CEMINAs in ihrer fast 20-jährigem Arbeit erhalten haben. Ein nicht unwichtiger Faktor, wenn Arbeit gewürdigt wird: Das gibt Antrieb, um weiterzumachen nach dem Motto "Fala Mulher - Frauen, redet!" (bto)