Belgrad - Sollte Serbien die UNO-verwaltete Provinz Kosovo verlieren, so müsste es dafür eine "bedeutende wirtschaftliche Entschädigung" erhalten. Diesen Standpunkt vertritt der Leiter des Belgrader Zentrums für Alternativforschungen (CPA), Milan Nikolic. In einem Gespräch mit der regierungsnahen Tageszeitung "Politika" ließ Nikolic am Sonntag keinen Zweifel aufkommen, was er darunter versteht: Beschleunigte Eingliederung in die Europäische Union, Zutritt zu den Finanzmitteln, die für EU-Beitrittskandidaten bestimmt sind, sowie zusätzliche Finanzhilfe der USA in Höhe von vier bis fünf Milliarden Dollar (3,93 Mrd. Euro).

Frage nach Gegenleistungen

"Sollten wir vor die Wahl gestellt werden, den Kosovo zu verlieren, so ist es besser, wenn dies gegen irgendeine Entschädigung erfolgt", meinte der Analytiker. Sein Zentrum habe das Verhandlerteam Belgrads beraten, die Gespräche über den Kosovo nicht so zu führen, dass sie nur sagen würden "wir geben nicht" - sondern auch die Frage zu stellen, "was können wir als Gegenleistung bekommen", sagte Nikolic.

"Ich weiß, dass es sich schrecklich anhört, unsere einzige objektive und rationelle Möglichkeit ist es jedoch, den Kosovo zu verkaufen - um es so zu sagen".

Rechtsruck befürchtet

Zu den möglichen Auswirkungen eines Verlustes des Kosovo auf die politische Situation in Serbien meinte Nikolic, dass das demokratische Parteienlager mit einem erneuten Wahlsieg rechnen könnte, würde der Urnengang vor der endgültigen Lösung des künftigen Status des Kosovo stattfinden und die Parteien eine breite Wahlkoalition bilden. "Nach der Status-Lösung wird der Block der (ultranationalistischen, Anm.) Serbischen Radikalen Partei (SRS) und der Sozialisten (unter Slobodan Milosevic, Anm.) zusammen mit einigen kleineren Parteien siegen, die das aktuelle Regierungsbündnis verlassen würden", präzisierte Nikolic.

Die Ultranationalisten könnten nach Angaben von Nikolic mit 15- bis 18-prozentiger Unterstützung unter den Bürgern Serbiens rechnen. Unter den Personen, die fest entschlossen sind, am Urnengang teilzunehmen, steigt die Unterstützung für die SRS laut Meinungsumfragen allerdings auf 30 bis 36 Prozent an, warnte der Analytiker. "Das sind Menschen, die Milosevic und der SRS treu waren, aber auch eine kleine Anzahl jener, die von den Demokraten enttäuscht sind". (APA)