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Wolfgang Flöttl bringt das Thema Parteienfinanzierung in den Wahlkampf.

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Ex-Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ) nahm von Flöttl Beraterhonorar.

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Franz Vranitzky kennt Investmentbanker Wolfgang Flöttl schon lang, "weil ja sein Vater mein langjähriger Berufskollege war. Als Flöttl junior in Harvard promovierte, haben wir Flöttl senior hochleben lassen. Denn das war ja was, wenn man bedenkt, woher die Familie kommt", sagte Vranitzky am Montag auf die Frage des STANDARD, wie gut er den heutigen Beschuldigten im Bawag-Verfahren kenne. Zur Erinnerung: Vranitzky war von 1976 bis 1984 im Vorstand der Creditanstalt und bis 1986 Chef der Länderbank; Walter Flöttl war 23 Jahre lang Bawag-Chef. Tatsächlich kann man "die Flöttls" getrost zum sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Urgestein Österreichs zählen; auf kaum jemanden passte die abgegriffene Bezeichnung besser. Karl F., der 1902 geborene Großvater Wolfgang Flöttls war Auto- und Möbellackierer, schon als junger Sozialdemokrat in der Baugewerkschaft aktiv – was er 1934 mit Aufenthalten im Polizeigefängnis und im Anhaltelager Wöllersdorf und unter den Nationalsozialisten mit neun Monaten im KZ Buchenwald bezahlte.

Nach dem Krieg wurde K. Flöttl ÖGB-Vorsitzender, Chef der Bau-Holz-Gewerkschaft, SPÖ-Vorstandsmitglied, Bundesrat und bis 1966 Nationalratsabgeordneter. Sechs Jahre später starb er.

Family-Business

Sein Sohn Walter brachte es dann in der Bank der Gewerkschaft weit – womit aber das Ende der Bawag eingeläutet wurde. Denn die_Entscheidung des Bawag-Chefs, ausgerechnet seinen Sohn Wolfgang mit riskanten Investments zu betrauen, sollte sich bitter rächen. Er hatte Wolfgang in den USA studieren lassen;_Ende der Achtziger verdiente der im New York der extrem risikofreudigen Investmentbanker an Geschäften, die damals in Wien noch kaum wer durchschaute. Die ersten vom damals 38jährigen Flöttl junior gemanagten US-Veranlagungen ("erste Karibik-Geschäfte"; sie brachten Bawag, ÖGB und Flöttls 1994 in die Schlagzeilen) dürften gut gegangen sein; Beweise dafür (oder dagegen)gibt es freilich nicht.

Dollar-Millionär Wolfgang F. hatte den Aufstieg von der Wiener Sozialdemokraten-Elite in die Welt der Eisenhowers und des Kapitalismus reinster Prägung jedenfalls geschafft. Fernab des roten Wien, auf dem eisglatten Parkett der Wall Street bewegte sich der immer etwas tollpatschig wirkende studierte Jurist offenbar gekonnt; nicht zuletzt dank jenem Geld, das er mit der roten Wiener Bank verdient hatte.

Auch privat lief's meist wie am Schnürchen. Flöttl wurde reich, ist (zum zweiten Mal) mit Barbara Anne Eisenhower (Enkeltochter des US-Präsidenten) verheiratet, bei ihm war immer das Geld zu Hause. Oder besser: ist. Denn der tiefe Absturz in Österreich – Flöttl hat nach den ersten Karibik-Verlusten 1998 sein Vermögen der Bawag de facto verpfändet; betroffen davon waren Immobilien in London, auf karibischen Inseln und seine auf Pump finanzierte Gemäldesammlung – zeitigt bei Flöttl daheim kaum Folgen.

Schließlich hatten ihm die Bawag-Chefs 90 Mio. Dollar an Betriebsmittelkrediten gegeben, auf dass Flöttls Misere nicht offenbar werde – denn das hätte auch die Bawag-Verluste auffliegen lassen. Jedenfalls residieren Flöttls in der Park Avenue, in einem Haus in den Hamptons, der 50-Jährige gilt in seinen Kreisen immer noch als "Philanthrop und Financier".

Die Frage, warum er jetzt mit seinen belastenden Aussagen die politischen Wurzeln seiner Familie, die SPÖ (von deren Hauptdarstellern Flöttl nur sehr wenige kennt), verbrennt, ist authentisch nicht zu beantworten. Wahrscheinlich spekuliert der Banker mit einem Deal: Richter werten Beiträge zur Wahrheitsfindung als strafmildernd. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.9.2006)