Hamburg - Nach einem Treffen zwischen Murat Kurnaz und
dem Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen sind neue Details über den
Aufenthalt des Türken im Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba bekannt
geworden. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete,
wussten die Guantanamo-Häftlinge demnach lange nicht, wo sie sich
überhaupt befanden: Seine US-Bewacher hätten Kurnaz bei seiner
Festnahme vor knapp fünf Jahren in Pakistan vorgegaukelt, dass es
"zurück in die Heimat" gehe.
Nach mehrstündigem Flug mit verbundenen Augen habe sich Kurnaz
aber in einem fremden Land wiedergefunden, das er wegen des warmen
Klimas zunächst für die Türkei gehalten habe. Erst als ein
Mitgefangener eine nur auf Kuba vorkommende Kolibriart beobachtet
habe, sei ihm klar geworden, dass er sich auf der Karibikinsel
befinde.
Kurnaz' Anwalt Bernhard Docke bestätigte den Bericht auf Anfrage
der Nachrichtenagentur AP. Er bestätigte auch, dass Bürgermeister
Böhrnsen am Freitag vorvergangener Woche Kurnaz in dessen elterlicher
Wohnung besucht und den Heimkehrer willkommen geheißen habe. Laut
"Spiegel" zeigte sich Böhrnsen von den Schilderungen des
Ex-Gefangenen betroffen: Als besonders schlimm habe der Internierte
den fast vollständigen Verlust des Zeitgefühls empfunden. Nur durch
das Verfolgen des Mondlaufs habe man grob das aktuelle Monat schätzen
können.
Der Besuch des SPD-Politikers war Docke zufolge eine notwendige
versöhnliche Geste: Während der Gefangenschaft hatte die Hansestadt
Kurnaz' Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängern wollen, weil dieser
sich mehr als sechs Monate außer Landes befunden habe. Der Anwalt
bestätigte auch, dass sich Kurnaz mittlerweile mit zwei ehemaligen
Guantanamo-Gefangenen aus Großbritannien getroffen habe. (APA)