Hamburg - Wegen seiner Äußerungen zum Islam ist Papst Benedikt XVI. nach Meinung deutscher Sicherheitsexperten einer realen Bedrohung durch islamistische Extremisten ausgesetzt. Die "Bild am Sonntag" zitierte den FDP-Innenpolitiker Max Stadler mit den Worten: "Es ist zu befürchten, dass die pauschale Kritik des Papstes am Islam irrationale Reaktionen auslöst und ihn in das Visier des islamischen Extremismus bringt." Auch Terrorismusexperte Rolf Tophoven erwartet eine Zuspitzung der Lage.

Ebenfalls in "Bild am Sonntag" sagte Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos), Benedikt habe einen byzantinischen Kaiser zitiert und nicht den Islam verunglimpfen wollen. Allerdings seien die Proteste aus muslimischen Kreisen nicht zu übersehen. "Es ist nie auszuschließen, dass sich einzelne Extremisten oder andere Einzeltäter durch diese Proteste angestachelt fühlen, Gewalt auszuüben", sagte Nagel.

Stegner: "Öl ins Feuer gegossen"

Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) erklärte, er glaube nicht, dass Benedikt den Islam habe beleidigen wollen. Allerdings befürchte er, "dass er mit diesem ungeschickten Zitat dennoch Öl ins Feuer gegossen hat". Gleichwohl rechtfertige keine Äußerung Gewalt, fügte der SPD-Politiker hinzu.

Nach Ansicht des Leiters des Essener Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik, Tophoven, werden radikale islamistische Kräfte die Aussagen des Papstes benutzen, um die Massen in der arabischen Welt gegen die katholische Kirche aufzustacheln. "Auch Propaganda kann töten und fanatisierte militante Islamisten zu Aktionen gegen den Papst animieren. Die Gefährdungslage für den Papst hat sich verändert", sagte Tophoven der "Bild am Sonntag".

Mordaufruf gegen Papst denkbar

Der Leiter des Hamburger Orient-Instituts, Udo Steinbach, hält nach Angaben des Blattes sogar einen Mordaufruf gegen den Papst für denkbar. Es könne sein, "dass nun ein durchgeknallter Imam, der die Vorlesung des Papstes nicht verstanden hat, eine Fatwa gegen ihn ausspricht, so wie es Khomeni gegen den Schriftsteller Salman Rushdie getan hat".

In der umstrittenen Passage der Regensburger Vorlesung des Papstes am 12. September zitierte Benedikts XVI. den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaeologos mit den Worten: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten." Der Papst fuhr fort: "Der Kaiser begründet dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. 'Gott hat kein Gefallen am Blut, und nicht vernunftgemäß zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider.'" (APA/AP)