Es gibt kaum gravierendere Vorwürfe gegen einen Staat als jenen des gezielt eingesetzten Missbrauchs seines Gewaltmonopols. Frankreich hat das Glücksspielmonopol, das ihm laut Europäischen Gerichtshofs gar nicht mehr zusteht, durch den Missbrauch des Gewaltmonopols verteidigt.

Als Eigentümer des Goldesels Société Française des Jeux, des Lotto-, Toto- und Wettmonopols, hat die Regierung Gerichte und Polizei nicht zur Klärung einer möglichen Straftat in Trab gesetzt, sondern eine feine Show abgezogen: Die Vorstände des privaten Konkurrenten Bwin wurden nicht verhaftet, als sie aus dem Flugzeug stiegen oder sich im Hotelzimmer aufhielten, sondern als Fernsehkameras und Journalisten anwesend waren: während einer Pressekonferenz. In Handschellen abgeführt, um allen zu zeigen: Das sind Kriminelle, und wer ihnen sein Geld anvertraut, kommt selbst in ein kriminelles Umfeld. Vertrauenswürdig ist allein nur das staatliche Monopol. Verhaftet wurden die beiden nicht etwa, weil Fluchtgefahr, Wiederholungsgefahr oder Verdunkelungsgefahr bestand, sondern weil man sie "einvernehmen" wollte. Dazu gibt es normalerweise in der EU Vorladungen. Das ist kein Hoppala, das da passierte.

Es ist der Kampf um die ziemlich hohen Gewinne, die da zu machen sind. Und sehr scheinheilig werden die staatlichen Monopole damit verteidigt, dass sich eben nur der Staat um das Problem der Spielabhängigkeit kümmern kann. In der Praxis sieht es so aus, dass auf der Homepage des französischen Monopolisten gerade ein paar Hinweise der Marke "Wetten kann ihre Gesundheit gefährden" stehen. Es wird Zeit, dass sich der Staat zurückzieht. Und dann könnte er - ganz ohne Interessenkonflikte - ordentliche und effiziente Kontrollinstanzen schaffen, um Abhängigen und Gefährdeten wirklich zu helfen. (Michael Moravec , DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.9.2006)