Budapest - Der ungarische Staatspräsident Laszlo Solyom hat am Montag in Budapest den sozialistischen Premier Ferenc Gyurcsany kritisiert, da er eine "moralische Krise" in Ungarn ausgelöst habe. Gyurcsany hätte seine persönliche Verantwortung mit der Einschätzung der Politik der vergangenen 16 Jahre "vermischt" und damit die Krise noch verschärft. Er müsse sich bei der Gesellschaft entschuldigen.

Rücktritssaufforderung

Solyom forderte Gyurcsany nicht zum Rücktritt auf, da die Verfassung für ihn keine Möglichkeiten der Einmischung biete. Die Regierung sei dem Parlament verantwortlich, erinnerte der Staatschef.

Laut Solyom drohe der Verlust der Glaubwürdigkeit der Demokratie. Der Staatschef könne nur dann eingreifen, wenn es innerhalb eines Jahres der Regierung mindestens viermal das Vertrauen entzieht oder das Mandat der Regierung aufgehoben wird und die durch den Staatschef für das Amt des Premiers empfohlene Person nicht innerhalb von 40 Tagen gewählt wird, sagte der Präsident.

Gerüchte

Inzwischen dementierte die Regierungssprecherin Emese Dank Gerüchte, wonach die Regierung die Einführung des Ausnahmezustandes erwäge und das Kabinett für Nationale Sicherheit getagt hätte.

Gyurcsany hatte in einer internen Rede vor der Parlamentsfraktion der Sozialisten (MSZP) im Mai erklärt, sein Kabinett habe in den vergangenen Jahren gelogen und nichts erreicht. Eine Audio-Aufnahme der Rede war am Sonntag an die Öffentlichkeit gelangt. Daraufhin kam es zu Protestkundgebungen in Budapest gegen die Regierung.(APA)