Budapest/Wien - Es ist nicht das erste Mal, dass der ungarische Premier Ferenc Gyurcsány mit seinen Äußerungen für Wirbel sorgt. "Wer eine Einzimmerwohnung hat, will zwei Zimmer, wer zwei hat, will drei, wer drei hat, will ein Einfamilienhaus. Und wer eine alternde Ehefrau hat, hat das Recht auf eine Jüngere": Mit diesen Worten zog Gyurcsány (45) schon vor seiner Amtseinführung im Oktober 2004 die Wut zahlreicher Frauenorganisationen auf sich. Im Februar 2005 bezeichnete er die saudiarabische Fußballnationalmannschaft als Terroristen. Entschuldigungen reichten bisher immer aus, die Proteste ebbten ab.

So einfach dürfte es für den Premier mit dem losen Mundwerk diesmal nicht werden. Denn seine Popularitätswerte sind bereits seit längerem im Keller. Anfang September hat die Regierung ein gewaltiges Sparprogramm umgesetzt, von dem vor der Wahl keine Rede war. Sein Wahlkampfauftritt in der Kleinstadt Törökszentmiklos Ende März, als ihn der Standard einen Tag begleitete, war bezeichnend: Von den nun beschlossenen Steuererhöhungen oder Streichungen der Subventionen auf Strom und Gas, sagte Gyurcsány damals nichts.

Im Wahlkampf in Ostungarn, als er den Namen einer wichtigen Bundesstraße vergessen hatte, gestikulierte seine Sprecherin - zur Belustigung der Journalisten - wild, um ihm auf die Sprünge zu helfen. "Was habe ich denn schon wieder verbockt? Ich mache aber auch alles falsch", sagte der Premier nachdem die Kameras abgeschaltet waren. Damals hatte er die Lacher noch auf seiner Seite. (szi/DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2006)