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Foto: Reuters/Regis Duvignau
Bordeaux/Paris - Rote Spitzentropfen aus dem klassischsten der französischen Weinbaugebiete erzielen Schwindel erregende Preise, wie es sie in der Geschichte des Bordelais noch nicht gegeben hat. So kostet eine Flasche vom Château Trolong-Mondot, Jahrgang 2005, glatte 275 Prozent mehr als der Rote im Jahr zuvor. Um 337 Prozent legte das berühmte Chateau Margaux auf sage und schreibe 350 Euro zu. Wer gern den seltenen Bordeaux-Tropfen vom Chateau Ausone probieren will, sei vor dem Drehwurm beim Preis gewarnt - an die 500 Euro.

"Märchenhaft gut"

Nur etwas mehr bekommt ein "normaler" Winzer im Bordelais heutzutage für ein ganzes Fass zu 900 Litern. Hat der als "märchenhaft gut" etikettierte Jahrgang 2005 - mitten in einer Überflusskrise - alles aus den Fugen geraten lassen? Wein als wahres Luxusgut, nur ein Spekulationsobjekt?

Mit einem nahezu perfekten Wetter das gesamte Jahr über hatte die Natur im französischen Südwesten 2005 kräftig geholfen, den Trend bei den wirklich großen Bordeaux-Weinen zu verstärken. Einem milden Winter folgte ein sonniger, aber nicht zu trockener Sommer. Und kein Unwetter verhagelte im schönen Herbst die Weinernte.

Das Ergebnis ist ein Wein-Jahrgang, der unter die besten der vergangenen Jahrzehnte in Frankreich eingereiht wird. Tanine, Säure, Lagerfähigkeit - alles im idealen Bereich. Die Traumnoten, die der amerikanische Weinpapst Robert Parker für den Jahrgang 2005 verteilt hatte, riefen sofort die Käufer aus den USA auf den Plan. "Und das sind Spekulanten, die nur kommen, wenn der Jahrgang ihnen Geld einbringt", erklärt Patrick Maroteaux, Präsident des Verbandes der Grand-Cru-Weine im Bordelais.

Preise enorm gestiegen

Der Trend ist so neu nicht, scheint sich indessen immer dann zu verstärken, wenn die Börse auf Hochtouren läuft und ein Jahrgang aus den Bordeaux-Weinbergen außergewöhnlich ist. Manche Flasche eines 1996 gekauften Cru Classa aus Bordeaux ist heute 1.000 Prozent mehr wert. Im Jahr 2000 stiegen die Preise mancher Tropfen in nur wenigen Tagen in Schwindel erregende Höhen - was den weniger gefragten Jahrgängen 2001 und 2004 nicht passierte. Auch der französische Börsenindex spricht für Bordeaux-Wein als Gewinnbringer: Der CAC 40 legte in zehn Jahren um 93 Prozent zu, die Preise guter Weine jedoch sogar um 166 Prozent. Doch an den Aktienmärkten folgte nach dem Spitzenjahr 2000 der Kater.

"Das entscheidende Kriterium ist heute finanzieller Natur", meint Denis Saverot von der französischen Fachzeitschrift "Revue du Vin de France". Die großen Champagner, die Grand Crus aus Bordeaux und der Cognac schlössen sich der Familie der Luxusmarken von Berlutti über Chanel bis Cerruti an. Den Rest besorgt dann die Kommunikation über die Produkte. Auf der Strecke bleiben allerdings jene Liebhaber der Bordeaux-Weine, die über die Jahre regelmäßig gekauft haben und denen man jetzt sagt: Pardon, unser Jahrgang 2005 ist an besser zahlende Kunden vergeben worden. "Bordeaux lässt sich weiter von Sirenen des leichten Geldes verführen", warnt der Weinkritiker Bernard Burtschy.

Spekulationen

Betuchte Amerikaner, Chinesen, Japaner und auch noch die Engländer sind es, die den teuersten Bordeaux-Jahrgang an sich bringen. "Die Amerikaner spekulieren und machen den Markt kaputt, sie sind nicht unsere seriösesten Kunden", klagt Weineinkäufer Jasper Gotthard vom Handelshaus MTVins in Bordeaux. "Die Belgier können sich die Premiers Crus Classés nicht mehr leisten, ebenso die Deutschen."

Wer nicht reich genug ist, um mitzuhalten, dem stehen zwei nicht allzu schlechte Wege immer noch offen. Er genießt weniger Wein, dafür allerdings weiterhin den guten. Oder aber er sieht sich nach den noch "unverdorbenen", aufstrebenden Domaines und Chateaux im Bordelais und anderswo um. Denn Not macht erfinderisch und führt zu Entdeckungen, die den Katzenjammer der Preise bald vergessen lassen. (Hanns-Jochen Kaffsack/dpa)