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Merck will von den Forschungen profitieren, die Serono im Biotech-Bereich zuhauf vorweisen kann. Im Bild ein Labor bei Genf.

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Darmstadt/Genf/Wien - Der deutsche Pharmakonzern Merck, der vor wenigen Monaten dem Rivalen Bayer beim Übernahmepoker um den Antibabypillen-Produzenten Schering unterlegen ist, hat nun einen Überraschungscoup gelandet. Das in Darmstadt beheimatete Familienunternehmen kauft die Schweizer Serono AG und zahlt dafür 10,6 Mrd. Euro in bar.

Eine entsprechende Vereinbarung sei mit der Eigentümerfamilie von Serono, Bertarelli, getroffen worden, hieß es am Donnerstag. Diese wolle ihren 64,5-Prozent-Anteil für umgerechnet 692 Euro je Aktie verkaufen.

Mit dem Kauf von Serono steigt Merck in die Biotech-Weltliga auf. Serono mit Sitz in Genf ist das größte europäische Biotechunternehmen und weltweit die Nummer drei (hinter den US-Firmen Genentech und Amgen).

In Österreich ist Serono mit einer Vertriebsfirma präsent. Merck Österreich beschäftigt rund 250 Mitarbeiter und hat ein Produktionswerk in Spittal/Drau. Welche Änderungen die Übernahme in Österreich nach sich ziehen wird war am Donnerstag nicht zu erfahren.

Während die Eigentümerfamilie direkt ausgelöst werden soll, will Merck allen anderen Anteilseigner mit Ausnahme der Serono-Aktionäre in den USA ein Übernahmeangebot in gleicher Höhe wie Bertarelli machen.

Vier Therapiegebiete

Serono ist in den vier Therapiegebieten Kinderwunsch, multiple Sklerose, Wachstum und Stoffwechsel sowie Schuppenflechte tätig. Merck und Serono zusammen kamen im Vorjahr auf einen Umsatz von 7,7 Mrd. Euro, davon 3,6 Mrd. Euro im Geschäft mit Biopharmazeutika. Die Übernahme soll Einsparungen in Höhe von jährlich rund 100 Mio. Euro bringen.

Der Darmstädter Konzern will die biopharmazeutischen Aktivitäten von Merck und Serono in einer gemeinsamen Gesellschaft mit Sitz in Genf zusammengeführen. Ob damit auch Arbeitsplätze verloren gehen, ließ das Unternehmen zunächst offen. Die Übernahme soll durch Barmittel, Darlehen, eine Anleihe sowie eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von zwei bis 2,5 Mrd. Euro finanziert werden. Der erweiterte Merck-Konzern wird künftig rund 35.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Die Börse reagierte unterschiedlich. Während der Kurs der Merck-Aktie nachgab, schnellte der Kurs des Serono-Papiers in die Höhe. Analysten äußerten Zweifel an der Logik des Deals mit Serono und schätzten das Angebot von Merck als sehr hoch ein. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.9.2006)