Bild nicht mehr verfügbar.

Teamchef Josef Hickersberger (l.) und Fitness Trainer Roger Thomas Spry.

Foto: APA/Pfarrhofer
Wien - ÖFB-Präsident Friedrich Stickler hat von einem "absoluten Top-Mann" gesprochen, Teamchef Josef Hickersberger von einem "einmaligen Glücksfall" und der Technische Direktor Willi Ruttensteiner gar von einem "Schritt, den es im österreichischen Fußball noch nie gegeben hat". Die Verpflichtung des 55-jährigen Engländers Roger Thomas Spry als Conditioning-Coach nährt im ÖFB die Hoffnung, das das Nationalteam trotz der zuletzt enttäuschenden Leistungen bis zur Heim-EM 2008 doch noch auf Vordermann gebracht wird.

Eine kleine Revolution

Spry, der am Donnerstag im Hilton Vienna Danube offiziell als Mitarbeiter des ÖFB-Trrainerstabs bis Sommer 2008 präsentiert wurde, ist bereits im kommenden Teamcamp der ÖFB-Truppe ab 2. Oktober in Tschagguns mit von der Partie. Dabei will der international renommierte Sportexperte (vorherige Stationen unter anderem Arsenal, FC Porto, Sporting, Manchester City, zuletzt bis Sommer Panathinaikos Athen) erstmals seine Philosophie umsetzen, die im Vergleich zu bisher praktizierten Trainingsarbeit in Österreich tatsächlich nach einer kleinen Revolution klingt.

Der Engländer will weg vom puren Konditionschinden und von sportmotorischen Tests durch die etwa die Sprintstärke der Spieler untereinander verglichen wird. "Tests sagen etwas über die körperliche Verfassung, aber nicht über das Leistungsvermögen. Wenn man Testergebnisse von Klubs wie Manchester United, FC Porto oder Rapid vergleicht, sind die Ergebnisse fast gleich. Doch Fußball ist kein linearer Sport, sondern unwillkürlich ablaufend. Es gibt Phasen, in denen man Pausen hat und Phasen, in denen gearbeitet werden muss. Ein Fußballspiel ist nie gleich, es ändern sich etwa die Wetterbedingungen, der Rasen und der Gegner."

"Meine Trainingsmethoden haben zwei Vorteile"

Auf diese Flexibilität des Spiels will Spry die ÖFB-Kicker einstellen. "Meine Trainingsmethoden haben zwei Vorteile. Die Spieler agieren mit mehr Stärke und unberechenbarer. Die Unvorhersehbarkeit ist das Wichtigste. Man soll nicht in linearen Schemata denken und nach einem fixen Muster arbeiten", sagte der Engländer, dessen Philosophie "in erster Linie die Symbiose von Körper und Geist beinhaltet.

Laut Hickersberger hat die Zusammenarbeit mit Spry, der selbst Kampfsportarten ausgeübt hat, als Kickboxer Erfolge feierte und im Besitz des Schwarzen Gürtels in Karate ist, bereits begonnen. Der Engländer wurde mit DVDs von den jüngsten Länderspielen versorgt und hat damit nach den Angaben des Teamchefs schon "Einblick in die Probleme, die uns künftig beschäftigen werden."

Auf der Suche nach Stärken und Schwächen

Um die Mängel zu beheben, wird Spry zunächst einmal jedes Training der ÖFB-Auswahl in Tschagguns auf Video festhalten und danach in seinem eigenen Filmstudio in der Nähe von Birmingham analysieren. "Ich werde mich über alle Stärken und Schwächen der Spieler informieren und herausfinden, woran sie noch arbeiten müssen, aber auch woran sie nicht mehr arbeiten müssen."

Zusätzlich zur Arbeit in den Teamcamps bekommt jeder Internationale von Spry ein individuell abgestimmtes Trainingsprogramm, das er auch abseits der ÖFB-Zusammenkünfte zu erfüllen hat. "Jedes Mal, wenn die Spieler wieder zum Team kommen, soll die Mannschaft als Kollektiv schon eine Trainingsstufe höher sein."

Kundertprozentiger Einsatz

Die Arbeit beim ÖFB bezeichnete Spry als "einzigartige Möglichkeit, mit einem Team zu arbeiten, das eine ungewöhnliche Zukunft hat. Bei Klubs oder Nationalteams, die eine Qualifikation spielen, ist es das Wichtigste, das nächste Spiel zu gewinnen. In Österreich können wir Monate an der Entwicklung arbeiten, das macht den Job interessant." Was am Ende dabei herauskommt, wagte Spry nicht zu prophezeien. "Aber ich verspreche, dass ich jeden Tag all meine Erfahrung einbringen und mich hundertprozentig einsetzen werde. Und ich verspreche, alles zu tun, damit die Mannschaft so stark wird, wie sie sein kann. Der Rest ist dann auf Portugiesisch gesagt 'Fantasia'".

Angesichts der Spry-Verpflichtung gab auch Hickersberger, der den Engländer auf einem Trainerseminar im Jänner 2003 in Wiener Neudorf kennengelernt hatte, ein Versprechen ab. "Wir werden nicht die beste, aber eine der fittesten Mannschaften bei der Europameisterschaft sein." Der Teamchef betonte, dass die Verpflichtung nicht auf Grund der scharfen Kritik von Emanuel Pogatetz erfolgte, sondern schon länger geplant war. "Das zeigt schon die Chronologie. Ich war gerade auf dem Weg nach Linz, um mich mit Spry zu treffen, als Pogatetz die APA angerufen hat."

Auch psychologische Unterstützung

Laut Hickersberger wird Spry die Teamspieler auch im psychologischen Bereich unterstützen, was aber nichts daran ändert, dass der Trainerstab in Zukunft noch um einen Mentaltrainer erweitert wird. Außerdem könnten die Methoden des 55-Jährigen auch Auswirkungen auf die Tests im Rahmen des Challenge-Projekts haben. "Inwieweit die bisherigen Tests sinnvoll sind, werden wir besprechen. Wir werden andere Testformen haben als etwa 10-Meter-Sprints."

Der Verantwortliche für das Challenge Programm, der Technische Direktor Ruttensteiner, will Spry in den Nachwuchsbetrieb einbinden. "Er wird am Challenge Projekt mitarbeiten und auch Programme erstellen. Damit können wir die Qualität in allen Akademien und Ligen heben."

Die Verpflichtung von Spry war laut ÖFB-Präsident Stickler "ein finanzieller Kraftakt, der mit Hilfe von Sponsoren bewerkstelligt wurde." Geht es nach dem Lotterien-Boss, soll sich der hohe Einsatz aber bezahlt machen. "Wir wollen etwas entwickeln, das in eine Art österreichische Schule münden könnte."(APA)