33 Stationen sollen in drei Etappen an die Deportation und auch Kultur der Leopoldstädter Juden erinnern. Pate eines Steines kann jeder werden.

Foto: Standard/Christian Fischer
Wien – "Es plagt mich, dass ich meiner Großmutter nicht öfter geschrieben habe," sagt Gerti Kohut, eine ältere Dame aus Leopoldstadt. Sie ist Patin eines der Steine zur Erinnerung an die im Zweiten Weltkrieg ermordeten und verschleppten Juden aus der Leopoldstadt.

Gerti Kohuts Eltern führten eine so genannte privilegierte Mischehe, erzählt sie. Sie mussten keinen gelben Stern, der für Kohut eine "furchtbare Stigmatisierung" bedeutete, tragen. "Die Bilder werde ich nie vergessen," sagt sie und erinnert sich an die Menschen, die "aus Angst vor Angriffen" aus der Bevölkerung versuchten, ihren Stern irgendwie zu verstecken. Ihre Großmutter väterlicherseits wurde deportiert, durch die Briefe erfuhr die Enkelin von ihrem Hunger und ihrer Entkräftung, bis die Großmutter starb. Mit ihrer Patenschaft will sie nicht nur ihrer Verwandten gedenken, auch "grundsätzlich" wolle sie ein Zeichen setzen, um auf die Stigmatisierung in der heutigen Zeit aufmerksam zu machen.

Der Weg der Erinnerung, der mit eben diesen Steinen gepflastert ist, wurde am Donnerstag von Initiatorin Elisabeth Ben David-Hindler, Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sowie Schülerinnen der Musikschule Jehuda HaLevi eröffnet. Die "Wege" sind eine Fortsetzung der Initiative "Steine der Erinnerung", welche das Ziel hat, jüdischen Opfern des Holocaust zu gedenken und die Erinnerung an die jüdische Kultur vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten "wach zu halten," sagt David-Hindler.

Der Weg, der in drei Etappen 33 Wegweiser erhält, beginnt vor der Schule und dem ehemaligen Sammellager in der Kleinen Sperlgasse 2a. Dorthin wurden all jene Menschen gebracht, die für die Deportation "bestimmt" waren und die auf den nächsten Transport in ein Konzentrationslager warteten. Paten eines Menschen, dessen Name und Geburtstag in die Messingplatte eingraviert wird, kann jeder werden. David-Hindler haben auch rührende Briefe vieler Menschen aus den USA und Israel erreicht, die sie unterstützen wollen. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD - Printausgabe, 22. September 2006)