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"Meine Eltern bringen mich um"
Ein Satz, den Bayam oft hört, wenn die Mädchen zu ihnen kommen: "Meine Eltern bringen mich um, wenn sie mich finden". Die Flucht in die Beratungsstelle - meist über Umwege wie Polizei oder Krankenhaus - steht fast immer am Ende einer langen Geschichte von Gewalt und Bevormundung innerhalb der Familie, denen die Minderjährigen ausgesetzt sind. Durchschnittlich 60 Mädchen nimmt die Beratungsstelle pro Jahr bei sich auf. Im Jahr 2004 waren 29 Mädchen von Zwangsheirat betroffen.
Warum die Eltern eine Heirat erzwingen wollen, habe unterschiedliche Gründe, so Bayam. Sie kann als "Disziplinierungsmaßnahme" verstanden werden, ähnlich wie der in unseren Breitengraden bekannte Ausspruch "Jetzt kommst du ins Heim". Eine schnelle Verheiratung biete den Eltern einen Lösungsweg aus der Angst, die Tochter könne einen Freund haben oder sich generell vom erwünschten Lebensstil entfernen.
Stärkung der Familienbande
Neben einer weiteren Immigrationsmöglichkeit sehen viele Familien damit auch eine Stärkung der eigenen Familienbande. Gängig auch die Motivation, die Tochter angesichts der eigenen finanziellen Situation so bald wie möglich zu "versorgen": Bayam verwies darauf, dass eine große Anzahl der Mädchen aus sozial schwachen Familien kommen, 40 Prozent sind sogenannte Scheidungskinder und/oder wurden seit Jahren zwischen den Verwandten hin und hergereicht. "Wenn das eigene Leben schon nicht den traditionellen Bildern entspricht und der Sohn womöglich im Gefängnis sitzt, dann muss zumindest die Tochter jungfräulich in die Ehe gehen", skizzierte die Papatya-Mitarbeiterin die widersprüchliche Sichtweise der Eltern.
Arrangiert oder erzwungen?
Keine klare Unterscheidung gibt es zwischen arrangierter und erzwungener Heirat, doch zumindest bei Minderjährigen spricht man eindeutig von Zwang. Unter welchen Bedingungen eine Zustimmung zu einer arrangierten Hochzeit erfolgt, sei jedoch fraglich: "Viele dürfen nicht einmal über das Modell ihrer Schuhe entscheiden, sollen dann aber wissen, welchen Mann sie heiraten wollen."
Gesetzliche Maßnahmen