Bistro-Sessel "Boulevard", 1994

Foto: Porsche Design
Am Anfang war ein Wickel. Die Enkel des Firmengründers der "Dr. Ing. h. c. F. Porsche KG" waren in strategischen Fragen derart uneinig, dass die Elterngeneration - Ferry Porsche und dessen Schwester Louise Piëch - Anfang der 70er-Jahre die Notbremse ziehen musste: Sämtliche Mitglieder der Familie wurden aus der Geschäftsführung verbannt, das Familienunternehmen wurde in eine AG umgewandelt. Für Ferry Porsches Sohn Ferdinand Alexander Porsche (F. A.) war dies eine Initialzündung, er gründete 1972 sein eigenes Büro, das er kurzerhand Porsche Design-Studio nannte.

1974 verlegte er es an den Stammsitz der Familie Porsche, nach Zell am See. Unter F. A. Porsches Verantwortung entstand die Form des wohl berühmtesten Sportwagens aller Zeiten, des Porsche 911. Das Auto, 1963 vorgestellt, wurde umgehend zur Ikone. Sachlich, straff geformt, war es vom Fahrer anfangs schwer zu bändigen. "Er fährt auch, wenn er steht", beurteilte Designer Otl Aicher den 911er respektvoll. Der Porsche wurde zum Markenzeichen des Selfmademan der folgenden Jahrzehnte.

Technologisch immer wieder aktualisiert und stets den Sicherheits- und Technik-Vorgaben des amerikanischen Marktes angepasst, wurde der 911er zum beispielhaften Export-Modell, das international vom Wandel Deutschlands kündete. Er verband Technik und Zuverlässigkeit Made in Germany mit etwas Neuem, Lustbetontem.

Während Porsche heute als die weltweit profitabelste Automarke gilt, gelang es F. A. Porsche gleichfalls, eine starke Marke aufzubauen. Denn Porsche Design beschränkte sich nicht darauf, Entwurfsbüro zu sein. Eine eigene Vermarktungsgesellschaft vergab Lizenzen für die von F. A. Porsche und seinen Mitarbeitern entworfenen Produkte. Damit verwandelte der Designer seine Auftraggeber in gleichrangige Geschäftspartner, was bis heute nur wenigen seiner Kollegen gelang.

"Design by F. A. Porsche"

Porsche Design wuchs zu einer der führenden Luxusmarken im Segment hochwertiger Herren-Accessoires. Brillen und Lederwaren, Uhren und Schreibgeräten, Raucherutensilien sowie anderen Accessoires verpasste Porsche Design seine Formensprache. Für Industrieprodukte, Haushaltsgeräte, Möbel, Leuchten und vielerlei andere Gebrauchsgüter - von der Kamera über die externe Computer-Festplatte bis zur Straßenbahn - gab es eine zusätzliche Marke: "Design by F.A. Porsche". Der Designer F. A. Porsche besitzt Anteile des Autoherstellers und ist Mitglied des Porsche-Aufsichtsrates, dessen Ehrenvorsitzender er heute ist. Doch zwischen den Geschicken der Marken Porsche und Porsche Design gibt es in dieser Zeit außer dem Namen kaum Berührungspunkte.

Als sich F. A. Porsche altersbedingt aus dem aktiven Geschäftsleben zurückzieht, wird das Design Studio durch die Gründung der Porsche Design Group Teil der Porsche AG. Ende 2003 wurden die Aktivitäten der verschiedenen Marken zusammengeführt. Zur Porsche Design Group, einer 65-prozentigen Tochter der Automarke Porsche mit Sitz in Bietigheim-Bissingen und Tochtergesellschaften in den USA, Asien und Europa, gehört das Porsche Design Studio in Zell am See. Dieses leitet heute Roland Heiler, einst bei Porsche im Autodesign tätig.

Modelinie für Herren

Inzwischen wurden zahlreiche neue Kooperationspartnerschaften mit renommierten Markenherstellern geschlossen. Künftig sollen verstärkt Produkte für die Lebensbereiche Wohnen, Freizeit, Reisen und Business entstehen. Eine hochwertige Modelinie für Herren wird im Frühhahr 2007 auf den Markt kommen, im selben Jahr sollen zahlreiche Interieur-Produkte unter der Marke Porsche Design vorgestellt werden: Polstermöbel, Sitzelemente und Liegen in Kooperation mit den Wittmann Möbelwerkstätten, Wohnraumleuchten von Zumtobel und eine Küche für Poggenpohl.

Noch ist es also zu früh über die Designqualität der neuen Phase von Porsche-Design zu sprechen. Neu sind aber nicht wirklich die Tätigkeitsfelder, neu ist die strategische Stringenz der Ausrichtung der Marke Porsche Design. In Toplagen in aller Welt, in Berlin wie auch in New York, gibt es bereits eigene Stores, insgesamt handelt es sich um acht eigene und 15 Franchise-Stores.

Eine Reihe von externen Designern und Agenturen war mit dem Relaunch der Marke Porsche Design befasst. Die Agentur KW43 aus Düsseldorf konzipierte die Werbestrategie, KMS Team aus München schuf eine neue Corporate Identity, entwarf - angelehnt an den Porsche-Schriftzug von Kurt Weidemann - eine neue, gut lesbare Schrift für Porsche Design. Hinzu kam eine Nummernmatrix, die unterschiedlichste Produktsegmente einem Nummerncode zuordnet. Das Shopdesign mit wechselnden Lichtstimmungen, dunklen Elementen aus Schichtschiefer, Bodenbelag aus geräucherter Eiche und hinterleuchteten Regalen gestaltete Matteo Thun. Ein Highlight der Shops entstammt der Zusammenarbeit mit dem Designbüro "KMS-Team". Sobald man auf dem "Scan-Table" ein Porsche-Design-Produkt ablegt wie auf einem Leuchttisch, werden dessen Daten elektronisch erfasst. Darauf erscheinen auf Monitoren detaillierte Informationen zu Beschaffenheit und Verfügbarkeit der Luxusprodukte.

Aus dem kleinen Label Porsche Design wird zunehmend ein Global Player im Premium-Segment, eine Marke, die innerhalb anderer Topmarken ihr Eigenleben führt. (Thomas Edelmann/Der Standard/Rondo/29/09/2006)