Budapest - Das Schicksal des ungarischen Premiers Ferenc Gyurcsany ist "besiegelt". Das erklärte Viktor Orban, Vorsitzender des oppositionellen ungarischen echtskonservativen FIDESZ-Ungarischer Bürgerverband, in der Tageszeitung "Magyar Hirlap" (Donnerstag-Ausgabe). Dabei sei die Abwahl des Premiers wichtiger als der Sieg der FIDESZ bei den bevor stehenden Kommunalwahlen, mit dem die Orban-Partei rechnet.

Die regierenden Sozialisten (MSZP) müssten das Ergebnis der Wahl als "Volksurteil" akzeptieren. Laut Orban könnten dann Verhandlungen mit der MSZP erfolgen, um einen Ausweg zu finden aus der politischen Krise. Mit Gyurcsany als "krankhaftem Lügner" will Orban nicht verhandeln.

Die Menschen hätten das Recht, "die Regierung auszuspielen", da diese die Menschen nach eigener Erkenntnis hereingelegt habe. Orban drängte erneut auf die Bildung einer Expertenregierung, was zugleich mit Neuwahlen verbunden sei. Die Parlamentspräsidentin Katalin Szili hatte am Mittwoch erklärt, dass es laut ungarischer Verfassung keine Expertenregierung gebe.

Laut Orban müsse die Regierung bei ihrem Abtreten auch ihr "Sparprogramm mitnehmen". Dabei würden immer mehr Menschen in Ungarn erklären, dass das Gyurcsany-Kabinett ohne "Vollmacht regiert", dessen "politische und moralische Akzeptanz" "verdampfe oder bereits verdampft" sei.

Wie Orban im ungarischen TV betonte, werde sich seine Partei nicht von den Demonstranten auf dem Kossuth-Platz distanzieren, denn es handle sich immerhin um Wahlbürger. Diese Menschen würden an einer polizeilich genehmigten politischen Veranstaltung teilnehmen. Orban erinnerte daran, dass es während seiner Regierung (1998-2002) kein Sparpaket und keine Unruhen gab.

Orban legte sich auch mit dem EU-Währungskommissar Joaquin Alumnia an und kritisierte dessen Einschätzung des durch die Gyurcsany Regierung eingereichten Konvergenzprogrammes. "Ich wünsche diesem Herrn, er soll für kurze Zeit von Brüssel nach Ungarn ziehen, von einem ungarischen Gehalt leben... Mit dem Gehalt eines EU-Kommissars könnte auch ich hervorragende Dinge sagen, was die Ungarn zu tun hätten, wie man ihn das Fell abzieht", kritisierte Orban den EU-Währungskommissar.

Während Premier Gyurcsany seitens der FIDESZ immer wieder aufgefordert wird, sich für seine Äußerungen bei der Fraktionssitzung der Sozialisten im Mai in Balatonözöd beim Volk für seine "Lügenrede" zu entschuldigen, hatte der Regierungschef am Mittwoch in Budapest sein Bedauern für die grobe Ausdrucksweise seiner Rede zum Ausdruck gebracht.

In dieser Rede hinter verschlossenen Türen der MSZP-Fraktion hatte Gyurcsany Lügen und Untätigkeit eingeräumt. Laut Gyurcsany hätten der Stil und die Sprache der Rede bei vielen Menschen Betroffenheit ausgelöst. "Das tut mir leid", erklärte der Premier und bezeichnete zugleich seine Rede als "ein Kampfmittel", mit dem er die Fraktion für seine Ziele gewinnen wollte. (APA)