Auf "Heute" schauen fast alle - jedenfalls auf Eva Dichands Werbefilm für ihr Gratisblatt bei den Medientagen: Horst Pirker (Styria Medien AG), Dichand ("Heute"), Hans Gasser (Styria Multimedia), Oscar Bronner (DER STANDARD), Christoph Kotanko ("Kurier") und Wolfgang Fellner ("Österreich"), der auch einen Gutteil seiner Auflage gratis verteilen lässt.

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Sagen Sie nicht, bei den Österreichischen Medientagen hört man nichts Neues. Nehmen Sie die Zeitungsdebatte. Oder wussten Sie, dass Standard-Herausgeber Oscar Bronner überlegte, ein Boulevardblatt zu gründen?

"Ich wünsche Wolfgang Fellner viel Erfolg bei seinem Projekt", einer Tageszeitung. Nachsatz: "Das habe ich übrigens auch bei Kurt Falks täglich Alles getan." Diese 1992 gegründete Zeitung hat Falk allerdings 2000 eingestellt.

"Malaise" "Krone"

Warum gratuliert Bronner? "Die Malaise dieses Landes ist die Dominanz einer Zeitung mit mehr als 40 Prozent Reichweite", also der Krone. täglich Alles war "nicht meine Leibzeitung, aber ich habe gehofft, dass sich die Dominanz eines Players aufteilt auf zwei Player". Dann brauchte sich "die Politik nicht mehr eindeutig nach einem Verleger ausrichten", sondern nach zweien. "Dann könnte die Politik gelegentlich auch nach eigenem Gewissen agieren - so vorhanden. Wenn das gelingt, wäre es ein Fortschritt."

Aus demselben Grund habe auch er "schon nachgedacht, eine Boulevardzeitung zu machen, mit Konzepten herumgespielt". Dann allerdings hätte er "Intimsphäre nicht mehr achten dürfen", sich "mit den Mächtigen verhabern müssen, statt sie zu kontrollieren, um den Erfolg zu optimieren". Bronner: "Wenn ich das machen würde, würde ich mich wahrscheinlich jedesmal ankotzen, wann immer ich an einem Spiegel vorbeikomme." Nachsatz: "Zum Glück gibt's die Brüder Fellner - ich wünsche ihnen viel Erfolg."

"Ohne Kotzen"

"Es wäre kein Erfolg, würde sich die Politik in Zukunft an ("Krone"-Chef Hans) Dichand und Fellners orientieren", findet Chefredakteur Christoph Kotanko. Dessen Kurier sieht Dichand senior wieder einmal als Fusionskandidat mit Fellners Österreich.

Wolfgang Fellner sagt, dass man "eine Massenzeitung machen kann, ohne sich beim täglichen Blick in den Spiegel ankotzen zu müssen". Er betreibe "ein Massenblatt ohne massiven Boulevard".

"Inhaltliche Schwäche"

Torsten-Jörn Klein, Manager von Gruner + Jahr, dem Mehrheitseigentümer der von Fellner gegründeten Verlagsgruppe News, kennt Fellner als "großen Blattmacher und Marketingpusher." An dessen Zeitung hat ihn "die inhaltliche Schwäche enttäuscht".

Bei allen Spitzen, die Zeitungsmacher finden sich auch Gemeinsamkeiten: Zeitungen haben Zukunft.

"Online als eigenständiges Medium"

Für Horst Pirker (Styria Medien AG) entkoppelt sich der Zeitungsbegriff vom Papier. Er wird erweitert auf Internet und Handy - siehe zum Beispiel derStandard.at. Dessen Vorstandschef Alexander Mitteräcker erkennt das seine nicht als "Begleitmedium": "Wir verstehen Online als eigenständiges Medium."

"Reichweitenjumbos"

Zeitungen sind für Styria-Chef Pirker "die Reichweitenjumbos auch der Zukunft": "Ich kann nicht die Andeutung einer Krise erkennen." Dank der Gratisblätter "prägen Zeitungen wieder das Stadtbild".

Und die Magazine? "Wahre Gewinner am Printmarkt"? "Steile These", fand stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn, bis er das Fragezeichen im Debattentitel entdeckte.

Magazine auch "in 105 Jahren" gefragt

"Warten Sie auf unsere Reichweiten, die 2007 ausgewiesen werden", kommentiert News-Boss Oliver Voigt Abwärtstrends der Branche. Weil Magazine "Geschichten erzählen", seien sie auch "in 105 Jahren" gefragt.

Axel Ganz (Gruner + Jahr Frankreich) sieht das Print-"Marketing am Ende": "Redaktionelle Qualität ist das bessere Verlagsmarketing." (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 29.9.2006)