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Foto: AP/Michael Sohn
München/Kamp-Lintfort - Die Pleite der ehemaligen Siemens-Handysparte mit 3.000 Beschäftigten ist nun offiziell. BenQ Mobile, der die Sparte vor genau einem Jahr übernommen hatte, habe einen Insolvenzantrag eingereicht, sagte eine Sprecherin des Münchner Amtsgerichts am Freitag. Damit steht die Tochter des taiwanesischen BenQ-Konzerns vor dem Aus.

Der taiwanesische Mutterkonzern hatte erst am Donnerstag bekannt gegeben, dass er keine weiteren Zahlungen mehr leisten werde. Betroffen sind die Zentrale in München mit 1.400 Beschäftigten sowie die Produktionsstandorte in Bocholt und Kamp-Lintfort mit insgesamt 1.600 Mitarbeitern. BenQ will das Geschäft mit Handys der Marke BenQ-Siemens aus Asien heraus fortführen und nur noch die dortigen Werke nutzen.

"Schmerzliche Entscheidung"

"Ungeachtet der Fortschritte bei dem Abbau der Kosten und Ausgaben ist diese sehr schmerzliche Entscheidung unvermeidlich gewesen", hatte BenQ-Chef K.Y. Lee gestern gesagt. Die Marktanteile waren zuletzt stark rückläufig. Besserung war nicht in Sicht. "Umsatz- und Margenentwicklung im wichtigen Weihnachtsgeschäft wird deutlich hinter den Erwartungen liegen", hieß es in einer Mitteilung.

BenQ Mobile ist auch in Österreich im Vertriebsbereich tätig, hat dort aber keine Produktion. Der Österreich-Standort ist eine Tochter des europäischen BenQ-Zentrale in den Niederlanden und damit zum Deutschland-Standort eine Schwesterfirma. In Österreich hat BenQ Mobile 50 Mitarbeiter, inklusive der verantworteten 43 Länder in Südosteuorpa beschäftigt BenQ in der Region 450 Mitarbeiter. Der Standort Wien wurde kürzlich erst aufgewertet und bekam zur bisherigen Geschäftsverantwortung für Südosteuropa auch die Kompetenz für den Mittleren Osten und Afrika dazu. Die Region zeichnet damit für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich.

Rechtfertigung

Siemens hat Kritik am Verkauf seiner Handy-Sparte an zurückgewiesen.

"Wir sind sehr betroffen von der Entwicklung, und es ist für uns unverständlich, dass BenQ in Deutschland Insolvenz angemeldet hat", sagte Siemens-Kommunikationschef Janos Gönczöl am Freitag. Der Konzern habe bei der Auswahl des Abnehmers von Siemens Mobile vor einem Jahr sehr wohl darauf geachtet, dass die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland auch in Zukunft gesichert blieben. "Siemens hat damals intensiv geprüft, wer der geeignetste Partner für das Handygeschäft sein kann. BenQ wurde deshalb gewählt, weil man glaubhaft gemacht hat, dass die Zusammenführung von europäischem und asiatischem Geschäft die ideale Voraussetzung sei für eine nachhaltige und langfristige Sicherung der Standorte in Deutschland", sagte Gönczöl.

Im Zusammenhang mit dem Insolvenzantrag war Kritik laut geworden, der Siemens-Vorstand habe es den Taiwanern überlassen, das lange Zeit verlustträchtige Handygeschäft abzuwracken, und die Verantwortung weitergereicht. BenQ Mobile hat in München Insolvenz angemeldet, nachdem die Mutter in Taipeh am Donnerstag die Zahlungen an die defizitäre Mobiltelefon-Sparte einstellte. Davon sind in Deutschland 3000 Mitarbeiter betroffen.

Vorwurf der finanziellen Mitgift

Gewerkschafter warfen BenQ vor, sich neben der finanziellen Mitgift von mindestens 250 Millionen Euro das Patentportfolio für Siemens-Handys unter den Nagel gerissen zu haben, aber keine Verantwortung für die Mitarbeiter zu zeigen: Siemens nahm dazu Stellung: "Die Finanzmittel, die wir BenQ zur Verfügung gestellt hatten, dienten unter anderem auch dem Zweck, BenQ ein eigenes Patentportfolio zu ermöglichen und sich im Wettbewerb zu stärken. Wir hatten alle Gründe anzunehmen, dass BenQ eine tragfähige und verantwortungsvolle und verantwortbare Lösung für uns ist."

Siemens prüft rechtliches Vorgehen

Siemens erwägt nun rechtliche Schritte gegen den BenQ-Konzern. "Wir werden prüfen, ob wir zugestandene Rechte wie etwa die Patentüberlassung oder die Führung der Marke Siemens anfechten", sagte ein Siemens-Sprecher.

Nach der Pleite soll nun die Produktion von BenQ Mobile möglichst lange fortgesetzt werden. "Wir werden die Situation vor Ort prüfen und alles daran setzen, den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Martin Prager am Freitag in München. (APA/dpa/Reuters)