Sarajevo - Die Wahlen in Bosnien-Herzegowina am Sonntag dürften das bisherige politische Kräfteverhältnis im Land bestätigen. Die Bosniaken (48 Prozent der Bevölkerung), Serben (34 Prozent) und Kroaten (15 Prozent) werden wieder für ihre jeweils nationalen Parteien stimmen, sagen alle Meinungsforscher voraus. Gewählt wird das dreiköpfige Staatspräsidium, das Bundesparlament, die Volksvertretung der beiden Landesteile sowie die Parlamente in den zehn "Kantone" genannten Landkreisen. 2,7 Millionen Wähler sind zur Abstimmung aufgerufen.

Elf Jahre nach dem Bürgerkrieg (1992-1995) wird bei den Bosniaken (Moslems) ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der bisher stärksten Partei SDA (Partei der Demokratischen Aktion) des inzwischen gestorbenen Staatspräsidenten Alija Izetbegovic und der SBiH (Partei für Bosnien und Herzegowina) des Kriegs-Außenministers Haris Silajdzic vorausgesagt. Beide treten für einen einheitlichen bosnischen Staat ein, wobei Silajdzic radikalere Positionen mit der Forderung nach einer Auflösung des serbischen Landesteils vertritt.

Klarer Sieg erwartet

Bei den Serben wird ein klarer Sieg der SNSD (Unabhängige Sozialdemokraten) des serbisch-bosnischen Ministerpräsidenten Milorad Dodik erwartet. Auf dem zweiten Platz dürfte die extrem nationalistische SDS (Serbische Demokratische Partei) landen, die das Land unter dem immer noch flüchtigen Radovan Karadzic maßgeblich in den Bürgerkrieg geführt hatte.

Dodik hatte zuletzt vor wenigen Tagen mit einem Referendum für die Unabhängigkeit der Serben gedroht und hatte mit Belgrad einen "Vertrag über spezielle Beziehungen" geschlossen. Die Muslime (Bosniaken) waren dagegen vergeblich Sturm gelaufen. Der frühere deutsche Postminister Christian Schwarz-Schilling als internationaler Aufseher in Bosnien hatte Dodik im Fall eines Referendums mit Absetzung gedroht.

Die lange Ton angebende kroatische HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) als Ableger der Regierungspartei im benachbarten "Mutterland" Kroatien ist zerfallen. Dennoch erwarten die beiden Nachfolgeparteien einen klaren Sieg unter ihren Landsleuten. (APA/dpa)