Dem Samstagnachmittagfernsehen haftet das Stigma der Nostalgie an. Zu Recht, wie ein Blick ins Programm zeigte. Hans Moser nuschelte sich zum x-ten Mal auf ORF 2 durch Hallo Taxi!, und bei den Privaten hatte diesbezüglich der Mitteldeutsche Rundfunk, kurz: MDR, die Nase vorne - beziehungsweise hinten. "Damals war's" präsentierte 90 Minuten lang Rück- und Einblicke in die frühen 1970er-Jahre, als in Deutschland alle Menschen eine Mode trugen, wie das heute nur noch Helge Schneider tut.

Neben gesellschaftspolitischen Rückblicken - Energiekrise, FKK, Männer mit langen Haaren, Plateauschuhe, erste Reklame auf Öffis . . . - dominierten bei der von Hartmut Schulze-Gerlach eher stocksteif präsentierten Nostalgieshow die Vorläufer des Videoclips. Also kleine Filmchen, die versuchten, das gebotene Elend der überwiegenden deutschen Schlager irgendwie bildhaft umzusetzen.

Die formale Beschränktheit war im Vergleich zu heute natürlich krass. Inhaltlich hat sich nicht wirklich viel verbessert. Damals wie heute herrschte narrative Bescheidenheit: Rudi Carrell im Gummiboot, Bernd Clüver als Jarvis Cocker, Cindy und Bert, die versuchten, im steif gebügelten Jeansanzugpartnerlook locker zu wirken, oder Mireille Mathieu, die mit Topfhaarschnitt und Rüschenärmeln durch eine Plastiklandschaft singt, wirkten nicht viel peinlicher als ein paar Sendeplätze weiter vorne Puff Daddy in seinem neuen Video.

Wie dieses beweist: Heute ist bereits die Gegenwart lächerlich. (flu, DER STANDARD, Printausgabe 2.10.2006)