Washington/Paris/London/Zürich/Rom - Die "Washington Post" schreibt am Dienstag zum nordkoreanischen Atombombentest:

"Das Ziel Nordkoreas nach seinem angeblichen Nukleartest ist eindeutig: Es will von seinen Nachbarn und der Welt als etablierte Atommacht akzeptiert werden. Indien und Pakistan ist es gelungen nach ihren Tests Sanktionen zu überstehen und von den Vereinigten Staaten als "Strategische Partner" anerkannt zu werden. Kim Jong Il wird versuchen diese Geschichte zu wiederholen. Ob er erfolgreich sein wird, hängt vor allem vom Ergebnis eines hoffentlich ernsthaften Umdenkens der Regierungen von Südkorea und China ab."

"Le Monde" (Paris):

"Pjöngjangs gefährliche 'Diplomatie am Rande des Abgrunds' ist auch eine 'bittere Frucht' der Nordkorea-Politik, die seit dem Amtsantritt von George W. Bush betrieben wird. Sie stellt die Begründung dieser Politik in Frage, die Regime von der Atombewaffnung abschrecken soll und das Gegenteil bewirkt. (...) Jetzt stellt die nordkoreanische Bombe eine große Gefahr nicht nur für die Region, sondern für die gesamte internationale Gemeinschaft dar. Die Welt muss mit der neunten Atommacht rechnen. Die Risiken der Weiterverbreitung und - schlimmer noch - der Weitergabe der Atomtechniken an Terrororganisationen können nur wachsen. Die anderen Kandidaten einer Atombewaffnung können nur ermutigt sein, ihr Programm fortzusetzen."

"Le Figaro" (Paris):

"Der Atomtest des stalinistischen Regimes Nordkoreas gehört zu den Ereignissen, die eine historische Wende für unseren Planeten bedeuten. Es ist nicht sicher, dass man diesen verrückten Wettlauf (zur Atombombe) noch stoppen kann. Doch eines ist sicher: Die USA können nicht weiter Verhandlungslösungen mit diesen "Schurkenstaaten" anstreben und gleichzeitig mit einem "Regimewechsel" drohen, was diese Staaten nur dazu treibt, sich eine hieb- und stichfeste nukleare Abschreckung zuzulegen. Die militärische Option ist bei Nordkorea wie beim Iran ausgeschlossen. Man muss daher dringend die Spielregeln ändern und einen Sanktionsmechanismus und Anreize schaffen, die unabhängig vom jeweiligen Land anwendbar sind, um die Glaubwürdigkeit dessen wieder herzustellen, was vom Pakt zur Nichtverbreitung der Kernwaffen noch übrig ist."

"The Guardian" (London):

"Kims Triumph ist das Ergebnis des Versagens der Diplomatie. Nordkorea hatte 1994 zugestimmt, seine nuklearen Ambitionen auf Eis zu legen, aber es hat sie wieder aktiviert, nachdem George Bush Präsident wurde. Nordkoreas Position hat sich danach weiter verhärtet, als es zum Teil der "Achse des Bösen" erklärt wurde. 2003 hat es dann den Atomwaffensperrvertrag verlassen und die UNO-Beobachter ausgewiesen. Seitdem haben die Sechs-Parteien-Gespräche und finanzielle Sanktionen der USA keine Richtungsänderung in Nordkorea bewirkt. Der Hauptgrund dafür ist, dass Nordkorea aus dem Vorgehen der USA gegen den Irak und den Iran die Schlussfolgerung gezogen hat, dass nukleare Bewaffnung eine Abschreckung gegen militärische Angriffe und Regimewechsel ist."

"Financial Times" (London):

"Die chinesische Führung muss nun akzeptieren, das Kims Regime, besonders wenn es mit Nuklearwaffen ausgerüstet ist, selbst instabil und zugleich eine destabilisierende Kraft in der Region ist. Südkorea versucht derweil, die US-Umlaufbahn zu verlassen und das wirtschaftlich mächtige China zu umarmen. Es kommt eine teure und tumultartige Zeit, doch wenn die funktionsuntüchtige nordkoreanische Regierung friedlich kollabiert, wird eine de facto Übernahme des Nordens durch den Süden so unvermeidlich wie die Aufnahme Ostdeutschlands durch Westdeutschland im Jahr 1990."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Nordkorea ist die achte erklärte Atommacht - und ein neuerliches Beispiel dafür, dass ein Land kaum zu stoppen ist, wenn es sich ohne Rücksicht auf politische oder wirtschaftliche Kosten Atomwaffen zu verschaffen sucht. Vor einem Angriff des US-Militärs hat sich Kim mit der nuklearen Vergeltungsdrohung nun in Sicherheit gebracht. Die Nachbarn und die Schutzmacht USA werden mit der nordkoreanischen Bombe vorerst leben müssen. (...) So verbrecherisch Kims Diktatur auch sein mag, so ist sie doch verhältnismäßig stabil und berechenbar. In die Enge getrieben, könnten Kims Generäle jedoch die ganze Region in den Abgrund stoßen. Deswegen ist nun Klugheit gefragt: eine Kombination von Druck durch die vermeintlichen Freunde Nordkoreas etwa, vor allem durch China, und Signale der Kompromissbereitschaft aus Washington. Die ersten Reaktionen klingen so ziemlich wie das Gegenteil davon."

"La Repubblica" (Rom):

"Gestern, als die unterirdische Explosion eines atomaren Sprengsatzes in Nordkorea eine Erschütterung wie bei einem Erdbeben von der Stärke vier auf der Richterskala auslöste, ist die Welt für alle ein noch gefährlicherer Ort geworden. Der von Nordkorea durchgeführte Test, der die internationale Gemeinschaft herausfordert, macht extreme Szenarien möglich, wie etwa den Verkauf atomaren Materials von Seiten der "roten Monarchie", die sich in verzweifelter Geldsuche befindet, an Al Kaida. Auf dem Markt für die Terroristen gibt es daher seit Montag eine weitere Option, die einen nuklearen 11. September in Amerika oder in Europa möglich machen könnte."

"El Mundo" (Madrid):

"Es ist schwer abzusehen, wie weit die Sanktionen des Weltsicherheitsrats gegen Nordkorea reichen werden. China dürfte es kaum zulassen, dass das UNO-Gremium dabei allzu weit gehen wird, denn es betrachtet Nordkorea als seinen wichtigsten Alliierten in der Region. Dabei sind die Chinesen diejenigen, die bei dem Atomwaffentest den größten Schaden davontragen.

Der Test könnte nämlich ein Wettrüsten in diesem Teil Asiens auslösen und vielleicht sogar einen Krieg mit nicht vorhersagbaren Konsequenzen. Die Welt muss in jedem Fall mit Härte und Einigkeit reagieren. Länder wie Syrien oder der Iran werden sich die Reaktion genauestens anschauen."

"Times" (London):

"Nordkoreas Behauptung, seinen ersten echten Atombombentest durchgeführt zu haben, muss erst noch eindeutig bestätigt werden. Es ist auch noch unklar, ob das Land Jahre oder vielleicht nur noch Monate von der Entwicklung eines Nuklearsprengkopfes für Raketen entfernt ist. Doch Nordkorea hat nun eindeutig klar gemacht, dass es dem Kurs der nuklearen Bewaffnung folgt. Mit dieser äußerst riskanten Politik lässt Nordkorea auch nicht die Spur eines Zweifels über seine Intentionen - und es gibt nun auch keinen Raum mehr für Unklarheiten in der internationalen Reaktion." (APA/dpa)