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Damit Flugzeuge erst gar nicht enteist werden müssen, haben Michael Kaiser und Johannes Kienl das Advanced De-Icing-System entwickelt: Eingebaute Heizmatten machen es möglich. Die Flugzeugoberfläche dehnt sich, wodurch Eis abgesprengt wird.

Foto: APA/dpa/Kay Nietfeld
Mit ihrem System für das Enteisen von Flugzeugen und Windrädern haben zwei 19-Jährige nicht nur Patente eingeheimst, sondern auch hochkarätige Preise abgeräumt: Nach dem Jugend-Innovativ-Preis folgte der 1. Preis beim Young Scientists Contest in Stockholm.

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Sie sind zwar sehr gefragt, aber schwer zu erreichen: Michael Kaiser und Johannes Kienl, beide 19 Jahre alt, sind seit Kurzem beim Bundesheer und dort bleibt nicht viel Zeit für Interviews. Ein kurzes Telefonat zwischen Schlafraum und Truppenübungsplatz ist dann aber doch drinnen.

"Es war a Wahnsinn," beschreibt Johannes Kienl die Preisverleihung in Stockholm am 27. September. Im Wintergarten des Grand Hotels, wo zwischen 1901 und 1929 die Nobelpreis-Zeremonie für die "Großen" abgehalten wurde, nahmen Kienl und sein Schulkollege Kaiser den 1. Preis des 18. European Union Contest for Young Scientists entgegen - in Pilotenuniform.

Denn um Flugzeuge dreht sich nicht nur der Großteil ihres Lebens, sondern auch ihr Siegerprojekt: Ein "revolutionäres" System zum Enteisen von Flugzeugen, das auch für vereiste Windräder eingesetzt werden kann. "Wir haben was komplett Neues erfunden," versucht Kienl die Tragweite der für Laien unspektakulären Entwicklung zu erklären.

Der Hintergrund ist leicht umschrieben: Während der Start- und Landephase eines Flugzeuges bildet sich durch die Luftverschiebungen Eis an der Oberfläche, selbst bei klarer Witterung und relativ hohen Temperaturen. Eine Vereisung der Tragflächen kann jedoch die Flugsicherheit massiv gefährden, weil durch eine veränderte Aerodynamik die Auftriebsleistung nicht mehr garantiert werden und das Flugzeug in einen labilen Zustand geraten kann. Für den Kampf gegen das Eis gibt es verschiedene Verfahren: Neben dem Einsprühen mit teuren Enteisungsmitteln wird heiße Luft aus den Triebwerken verwendet, um die Tragflächen permanent zu beheizen.

Das von Kienl und Kaiser in der HTBLA Eisenstadt, Abteilung Maschineningenieurwesen, Ausbildungszweig Flugtechnik entwickelte "Advanced De-Icing-System" beruht auf einer thermisch-induzierten Ausdehnung von Metall. Die Flugzeugoberfläche dehnt sich durch eingebaute Heizmatten, wodurch das Eis abgesprengt wird. Zugleich bildet sich ein Wasserfilm, an dem entstehendes Eis abgleitet. Kienl bringt den Vorteil auf den Punkt: "Man braucht nur Strom und sonst nichts."

Auf die gleichermaßen simple wie effiziente Idee sind die beiden Inhaber eines Segelflugscheins gekommen, nachdem eine Firma an die Schule getreten war, um gemeinsam eine Lösung zur elektrischen Enteisung zu entwickeln. "Wir haben ein Brainstorming gemacht, und das war einfach die vielversprechendste Idee," erläutert Kienl den Ursprung des Matura-Projekts.

Ein Jahr oder 600 vorwiegend in der Freizeit absolvierte Arbeitsstunden später folgen nun die Lorbeeren. Nach dem Jugend-Innovativ-Preis der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) kam die Einladung nach Stockholm, wo die beiden Burgenländer gemeinsam mit zwei anderen Siegerteams aus 120 Bewerbern ausgewählt wurden.

Die Entwicklung ist bereits durch zwei Patente, eines für Luftfahrzeuge, eines für Windkraftanlagen, geschützt. Eine luftfahrtbehördliche Zertifizierung und ein Verkauf der Technologie sind angestrebt. "Wir sind mit mehreren Firmen aus ganz Europa und den USA in Verhandlung," verrät Kienl stolz. Auch seine persönliche Zukunft sieht Kienl in der Luft: Nach dem Heeresdienst möchte er in der Pilotenselektion arbeiten und dann entscheiden, ob er Luft- und Raumfahrttechnik in München studiert. (Karin Krichmayr/DER STANDARD, Printausgabe, 11. Oktober 2006)