Die Architektur des Franz-Liszt-Zentrums
Bericht im ALBUM vom 14./15.10.2006:
Ohne Prunk und Pomp: Eine schlichte Konzertkiste aus niederländischer Feder

Foto: Franz Liszt Gesellschaft
Raiding - Franz Liszt gehört zu jenen im Gebiet des heutigen Österreich geborenen Komponisten, denen eine groß angelegte Vermarktung bis dato erspart geblieben ist. Dabei hätte der 1811 im mittelburgenländischen Raiding geborene Virtuose gute Voraussetzungen dafür. Als Pianist wurde er wie ein Popstar vergöttert, wobei er Klaviere ebenso oft zerbrochen haben soll wie Damenherzen. Als Komponist bereicherte er die Musik um neue Nuancen des Dunklen und Geheimnisvollen.

Um Liszts Schaffen gerecht zu werden, gründeten das Land Burgenland und die Gemeinde Raiding vor drei Jahren die Franz-Liszt-Gesellschaft, nun wurde mit dem Liszt-Zentrum Raiding ein 570 Plätze umfassendes Konzerthaus eröffnet, welches in akustischer Hinsicht internationalen Maßstäben gerecht wird. Bundespräsident Heinz Fischer hob bei der Eröffnung die europäische Dimension von Liszt hervor, der als Mitglied der slowakischen Minderheit im damaligen Ungarn geboren wurde und zum polyglotten Weltbürger aufstieg.

Spannend auch der musikalische Teil der Eröffnung, der die Frage beantworten sollte, ob der wegen seiner schlichten Lärchenholz-Verkleidung spartanisch anmutende Saal wirklich als idealer Raum für Kammermusik gelten kann. Hatte das erste Werk, die Uraufführung von Gerhard Krammers LISZ[:T:]RAUM, durch seinen starken elektronisch-interaktiven Anteil (Pianisten spielten simultan in Liszts Raidinger Geburtshaus, in Luxemburg, in Bayreuth und wurden zu drei im Saal gespielten Idiophonen per Audio und Video dazu gemischt) noch starken Event-Charakter, so vermittelte Pianist Leslie Howard, zugleich Vorsitzender der Liszt Society in Großbritannien, Liszt pur.

Der Raum nahm den Klang des von Pianist Pierre-Laurent Aimard ausgewählten Steinways dabei wie ein großvolumiges Weinglas auf, um ihn in sehr feinen Schattierungen und Farben wiederzugeben. Besonders beeindruckend war dabei die enorm plastische Basswiedergabe.

Dies liege an den mitschwingenden Flächen Fußboden und Decke, so Akustiker Karlheinz Müller, der auch für das Salzburger Projekt "Haus für Mozart" verantwortlich war. Der Zuhörer bekomme so den Eindruck, inmitten des Instrumentes selbst zu sitzen.

Finanziert wurde der insgesamt mit 6,8 Millionen Euro bezifferte Bau von der EU (2,2 Mio.), vom Bund (0,2 Mio.) und von Land Burgenland (4,6 Mio.). Hinsichtlich der Nutzung möchte Walter Reicher, Intendant und Geschäftsführer der Liszt-Gesellschaft und zugleich Motor des Bauprojektes, ganz den Namensgeber der Halle sowie das Thema Virtuosität in den Mittelpunkt stellen. Dass es ein Publikum dafür gibt, zeige nicht zuletzt das laufende Festival, für das es kaum mehr Karten gäbe. (Robert Spoula /DER STANDARD, Printausgabe, 18.10.2006)