„Wir wollen die Präsenz von Migrantinnen und ihre Probleme sichtbar machen und rassistische Machtstrukturen und Verhaltensweisen in der Gesellschaft aufzeigen und anklagen.“ Dieser Satz ist kennzeichnend für den Verein MAIZ, der sich hauptsächlich mit der Problematik der Frauenarbeitsmigration und der Situation von Sexarbeiterinnen in Österreich befasst.Herstory MAIZ ist ein partei- und regierungsunabhängiger Verein, der seit 1994 im Raum Linz und Oberösterreich aktiv ist – von und für Migrantinnen aus verschiedenen Kontinenten. In den vergangenen Jahren hat es der Verein geschafft, in Oberösterreich zu einem Referenzpunkt für Migrantinnen und insbesondere Sexarbeiterinnen zu werden, die von vielfältigen Formen der Gewalt betroffen sind. Seit Februar 1998 verfügt MAIZ über ein eigenes Lokal, das den Frauen als Anlaufstelle und Treffpunkt dient. Dort werden auch die Tätigkeiten koordiniert. Protagonistin und Betroffene Die Beteiligten sind Protagonistinnen und Betroffene zugleich. MAIZ will politische Arbeit und nicht karitative Arbeit leisten. Die “Betroffenheit”, die eigenen Erfahrungen als Migrantinnen, sind Ausgangspunkt für die Selbstorganisation und das Engagement im Verein. Zur Verdeutlichung: Neben Deutschlehrerinnen arbeiten zum Beispiel Frauen aus Lateinamerika und eine ehrenamtlich tätige Ärztin aus Kuba mit. Die kulturelle Vielfalt bereichert nicht nur sondern ist essentiell für die Arbeit. Um ein Vertrauen zur Zielgruppe aufzubauen, ist es oft wichtig, der gleichen ethnischen Gruppe oder Nationalität anzugehören. Viele Mitarbeiterinnen von MAIZ sind aber auch Mitglieder der Zielgruppe und aufgrund ihrer eigenen Situation mit den Problemen vertraut. Sie haben die Rolle von Anführerinnen und Gruppensprecherinnen und nehmen an der Arbeit teil. Ihre dabei erworbenen Kenntnisse stellen sie den anderen Frauen zur Verfügung. Frauenmigration als Überlebensstrategie „Wir erkennen in der Frauenmigration eine Überlebensstrategie und einen Widerstandsmechanismus: die Migration ist ein Weg, den die Frauen einschlagen, um ihre Familien zu ernähren und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Migration ist in unserer heutigen Gesellschaft - hervorgerufen durch die ungleiche wirtschaftliche Entwicklung auf der Welt - zu einem wesentlichen Bestandteil des politischen, sozialen und kulturellen Lebens geworden. Immer mehr Menschen müssen aus den armen in die reichen Regionen emigrieren und leben hier unter schlechtesten Lebens- und Arbeitsbedingungen."
Quelle: UNO
"Ganz besonders trifft das auf Frauen zu. Frauen aus armen Ländern, und das ist die große Mehrheit der Migrantinnen, leben hier unter unwürdigen Bedingungen, psychischem Stress, in illegalisierten Arbeitsverhältnissen, im Sexgewerbe, in Ehen mit viel älteren österreichischen Männern, die aus ihrer Zwangslage Nutzen ziehen. Sie haben kaum Entwicklungschancen, Chancen auf eine gerechte Entlohnung oder Chancen auf einen unabhängigen Aufenthaltsstatus." Was macht MAIZ dagegen? Der Verein bietet Frauen einen Raum, wo sie sich treffen, austauschen und weiterbilden können. Für ihre Entwicklung und ihren Selbstbewusstseinsprozess sollen ihnen Instrumente in die Hand gegeben werden, damit sie aus der Opferrolle herauskommen und eine aktive und protagonistische Rolle in der Gesellschaft einnehmen können. Bei Sexarbeiterinnen wird auf Streetwork und ausgebildete Multiplikatorinnen gesetzt. Letztere können sich in Workshops mit den gesundheitlichen Problemen von Migrantinnen und ihren Ursachen, ihrem Selbstwert, dem Wert einer aktiven Mitarbeit bei MAIZ, Gewalt, Krebs, Selbstverteidigung und vielem mehr auseinandersetzen. Für Sexarbeiterinnen werden des weiteren gesundheitliche Beratung sowie Workshops (von Gesundheit über die Verwendung von Kondomen bis zu Selbstbewusstsein und Selbstverteidigung) angeboten. Gesundheitsprävention und die Sicherheit von Sexarbeiterinnen in ihrer Tätigkeit sind MAIZ ein besonderes Anliegen. Die Informationsmaterialien sind in zehn verschiedenen Sprachen erhältlich. Für Migrantinnen im allgemeinen wird rechtliche, sozial und arbeitsmarktpolitische Beratung und Begleitung in der Muttersprache der Frauen der Zielgruppen (Spanisch, Portugiesisch, Englisch, Deutsch und Ungarisch) angeboten. Öffentlichkeit und Kultur In der Öffentlichkeit tritt MAIZ gegen Rassismus, Frauenhandel und Gewalt sowie für eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation von Migrantinnen und Sexarbeiterinnen ein. „Die Arbeit in der Öffentlichkeit spielte von Anfang an eine wichtige Rolle in unserem Arbeitsprozess. Um jedoch nicht als exotisches Opfer exponiert zu werden, mussten wir uns mit verschiedenen Formen der Vermittlung unserer Anliegen auseinandersetzen. Aus dieser Notwendigkeit entstand im Rahmen unserer Arbeit eine starke Verbindung zwischen Bildungs-, Öffentlichkeits- und Kulturbereichen."
Quelle: UNO
"Entscheidend in diesem Prozess war die Idee, im Bildungsbereich auf der Ebene der Fiktion zu arbeiten. Hier werden zum Beispiel Deutschkurse in Verbindung mit der Technik des Forum Theaters durchgeführt, Literatur-, Mal-, Skulptur- und Musikworkshops angeboten, Ausstellungen, Performances, Musikalische Darstellungen usw. konzipiert und durchgeführt.“ Gerade in diesem Bereich arbeiten noch viel mehr Frauen mit, wird mit Künstlerinnen kooperiert. Aktuelle Situation: Schwierigkeiten Die Frauen des Vereins gehen keine Kompromisse ein, positionieren sich als Migrantinnen, Prostituierte, Feministinnen, sprechen für sich selbst und wollen ihre Rechte anerkannt haben. Darin sehen sie auch den Grund für ihre Schwierigkeiten, mit denen sie seit der Entstehung kämpfen müssen. Auf der einen Seite stehen die Anerkennung durch die Verleihung zahlreicher Preise (von der Stadt Linz, der SPÖ, der Katholischen Frauenbewegung und vielen anderen) und die Hervorhebung der Wichtigkeit der Arbeit von MAIZ. Auf der anderen Seite steht jedoch die Unsicherheit bezüglich der Finanzierung. Letztes Jahr wurde der Verein vom Land Oberösterreich, der Stadt Linz, dem Bund, der EU und privaten Spenden finanziert. Wie sieht es dieses Jahr aus? „Dieses Jahr haben wir keine EU-Förderung bekommen und unsere finanzielle Lage ist viel schwieriger geworden, weil auch in einigen Ministerien wesentliche Kürzungen gemacht wurden. Von anderen Ministerien erhielten wir bis dato keine klare Antwort in bezug auf die Finanzierung für das Jahr 2000!“
Quelle: UNO
Auch sonst gibt es für den Verein, der wichtige politische Arbeit leistet, genug Schwierigkeiten: „Rassismus, Gewalt, Diskriminierung, Ausbeutung, Kooptierungsversuche, Boykotte und oft Sabotage“ – um es „trocken“ auszudrücken. Die Arbeit wäre ohne eine Unmenge an unbezahlten Arbeitsstunden nicht bewältigbar. Ein vergleichbares Angebot, das diese Zielgruppe anspricht, gibt es in Oberösterreich nicht. Wichtiges Feed-back für ihre Arbeit erhalten die Mitarbeiterinnen von Frauen, die das umfangreiche Angebot nutzen. Auch die Anzahl der Frauen, die die Beratungsstelle aufsuchen, steigt stetig. Dazu kommen sehr viele Frauen, die die Angebote im Bildungsbereich in Anspruch nehmen und an den Aktivitäten und politischen Aktionen teilnehmen. „Die Motivation, mitzuarbeiten, mitzukonzipieren, ist für uns ein sehr wichtiges Feed-back, es ist etwas wie ein Thermometer, nach dem wir unsere Arbeit evaluieren können.“ Kontakt Verein MAIZ Altstadt 2 4020 Linz Tel.: 0732/776 070 E-Mail: verein.maiz@servus.at Daniela Yeoh