Wien - Es war nicht unbedingt davon auszugehen, dass in den Koalitionsverhandlungen zu allererst über den Sport geredet wird. Immerhin steht er auf der Themenliste, wie Vertreter sowohl der SPÖ als auch der ÖVP betonen. SP-Sportsprecher Peter Wittmann und seine Parteikollegin Beate Schasching, die dem Sportausschuss vorsitzt, sind dahinter, dass der Sport künftig rot ressortiert. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel himself und Innenministerin Liese Prokop, die ebenso wenig wie Schasching und Wittmann den Verhandlungsteams angehört, würden den Sport gern in ÖVP-Händen wissen.

Auf dem Papier mag, eine Einigung Alfred Gusenbauers mit Schüssel vorausgesetzt, die ÖVP die besseren Chancen haben. Der Sport war zuletzt in einem Staatssekretariat im Bundeskanzleramt untergebracht, die Leitung des Sekretariats hatte und hat noch ein Vertreter des Juniorpartners in der Regierung über. Karl Schweitzer, der im Februar 2003 Susanne Riess-Passer abgelöst hatte, wird weder der nächsten Regierung noch dem nächsten Nationalrat angehören, das BZÖ hatte ihn nur an 16. Stelle gereiht. Er hat schon einen Tätigkeitsbericht abgelegt und sich mehr oder weniger offiziell verabschiedet.

Unter Schweitzers Führung fiel die Änderung des Glücksspielmonopolgesetzes, mit ihr fiel die frühere Deckelung des Sportförderungsgesetzes, nun steht dem Sport mehr Geld als früher zur Verfügung. Allerdings klagen Funktionäre wie Wittmann, Präsident des Dachverbands ASKÖ, und Schasching, Präsidentin des ASKÖ Wien, über eine Verbürokratisierung. Schasching: "Die Richtlinien der Fördervergabe sind derart schwierig zu durchschauen, dass jeder Verein oder Verband einen eigenen Angestellten bräuchte, der sich nur damit befasst." Wittmann: "Der bürokratische Aufwand ist katastrophal, das gehört entrümpelt."

Dass das Glücksspielmonopolgesetz auf EU-Druck fallen könnte, schwebt laut Wittmann "wie ein Damoklesschwert über dem Sport. Möglich, dass dann plötzlich die Hälfte der Sportförderung wegfällt." Im Parlament sei über eine Öffnung des Marktes schon diskutiert worden, "gewisse Teile der ÖVP" würden das durchaus begrüßen. "Doch wir haben das gemeinsam abwenden können", sagt Wittmann. "Österreich muss da wirklich nicht Vorreiter sein in Europa." Der Sport lukriert aus den Lotto/Toto-Mitteln derzeit drei Prozent, und die Politiker fordern unisono, dass er künftig nicht schlechter aussteigen darf, der Sport. Innenministerin Prokop würde auch private Anbieter "mit strengen Gesetzen zur Kasse bitten" (siehe Interview).

Gemein ist den Damen und Herren, die dem Sport in ihren Parteien eine Stimme geben, dass sie nicht verstehen, wieso der Sport "politisch oft stiefmütterlich behandelt wird" (Wittmann). Zum Beispiel kritisiert Schasching, dass es noch immer kein Berufssportgesetz gibt, "obwohl es schon von Riess-Passer versprochen und in einem Vier-Parteien-Antrag beschlossen wurde". Die Materie sei eine schwierige, das Versäumnis wiege dennoch schwer, die nächste Regierung müsse "in diesem Punkt rasch handeln".

Mögliche Spielsysteme

Vor den Wahlen war Schasching vor allem froh darüber, dass es ihr Telefon war, das läutete, wenn sich Parteichef Gusenbauer sportlich informieren wollte. "Und so war eines von zwanzig Projekten im Wahlprogramm dem Sport gewidmet, das war mir wichtig." Prokop sagt, ihr liege "der Sport enorm am Herzen". Kundige meinen, die Fünfkampf-Olympiazweite 1968 würde auch ein Sportstaatssekretariat übernehmen, sollte die ÖVP in einer Koalition des Innenministeriums verlustig gehen. Oder aber der Sport übersiedelt ins Innenministerium. Wolfgang Schäuble, der deutsche Innenminister, hat Prokop vorgeschwärmt, dass diese Konstellation durchaus Sinn mache, wenn es ein Großereignis vorzubereiten gilt wie eine Fußball-WM im deutschen oder eben die EM 2008 im österreichischen Fall.

Auf SPÖ-Seite wäre jedenfalls eher mit Wittmann oder Schasching in der Regierung zu rechnen denn mit Ex-Spitzenschwimmerin Vera Lischka, die im oberösterreichischen Landtag sitzt. Wittmann, der das Amt des Sportstaatssekretärs schon einmal ausübte (Jänner 1997 bis Februar 2000), ist dem Sport "natürlich sehr zugetan. ASKÖ-Präsident oder Sportsprecher ist man nicht zum Spaß." (Fritz Neumann - DER STANDARD PRINTAUSGABE 21./22.10. 2006)