Die österreichische Internetfirma Netway, ein Unternehmen aus der Raiffeisen-Gruppe, ist eine begehrte Braut. Ihre Kundenkartei interessiert als attraktive Mitgift sowohl Telekom Austria als auch die Österreich-Töchter der Deutschen Telekom, berichtet Luise Ungerboeck.

Um die Internettochter der Raiffeisen-Gruppe, den Internet-Provider Netway, wird heftig geworben. Die Kontrahenten sind Telekom Austria (TA) und T-Online, die Onlinetochter der Deutschen Telekom in Österreich, an der max.mobil mit 49 Prozent beteiligt ist.

Laut einem dem STANDARD vorliegendem Geheimpapier laufen zwischen der Raiffeisen Zentralbank (RZB) - mit 35,8 Prozent Hauptaktionär der Netway Aktiengesellschaft für Internetappplikationen - und der Telekom seit Mitte April Verhandlungen. Demnach ist die TA "an einem Erwerb von Aktien an Netway oder einer Kooperation mit Netway interessiert". Im Werben um die attraktive Online-Braut hat die TA allerdings einen potenten Nebenbuhler: T-Online, die Internet-Schwester des Mobilfunkunternehmens max.mobil, deren Markterwartungen sich in Österreich bisher noch nicht erfüllt haben.

Die T-Online-Avancen sind offenbar weiter fortgeschritten als jene der TA. Die Entschlossenheit des deutschstämmigen Bräutigams spiegle sich in einer Absichtserklärung wider, berichten Insider. Demnächst werde Netway einer Due-diligence-Prüfung unterzogen.

Im Raiffeisen-Spitzeninstitut kommentiert man den Deal wortkarg. "Wir verhandeln über den Einstieg von Partnern und denken auch über einen Börsegang ohne Partner nach", so ein RZB-Sprecher.

Hochkarätige Kunden

Netway gilt in der heimischen Branche nicht zuletzt aufgrund seiner Kundenstruktur als sehr attraktiver Internet-Provider. Die Zahl der Privatkunden liegt laut Netway-Vorstand Georg Hahn jenseits der 80.000. Hinzu kommen hochkarätige Businesskunden aus dem Finanz-, Versicherungs- und Medienbereich. Zur Mitgift gehören Namen wie RZB, diverse Raiffeisen-Landesbanken, Creditanstalt, Uniqa (ehemals Bundesländer Versicherung, Anm.), die Mediaprint-Gruppe (Kurier, profil, Trend etc.), der gesamte Raiffeisen-Sektor und Siemens Österreich. Auch das dichte Vertriebsnetz mit Tausenden Raiffeisenkassen ist ein wertvolles Asset.

Dass T-Online/max.mobil in der Gunst höher liegt als der mehrheitlich staatliche Telefonriese, dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass der deutsche Brautwerber eine prall gefüllte Kriegskassa hat. Dem Vernehmen nach ist den Mäxen ein aktiver Internet-Account 3500 bis 4000 EURO wert. Das ergibt allein für die Privatkunden rein rechnerisch einen Kaufpreis von rund 4,4 Mrd. Schilling (320 Mio. EURO). Seitens max.mobil heißt es: "Kein Kommentar."

Getüftelt wird noch, wie sich die Business-Kundschaft von www.netway.at - dahinter stehen Tausende User und milliardenschwere Finanztransaktionen - zu Buche schlägt. Als internationale Richtwerte für die Bewertung von Internetfirmen gelten 2500 bis 5000 Dollar pro User. Außerdem verbindet RZB und max.mobil eine bewährte Partnerschaft: Die RZB war bis Frühjahr 1999 als Gründungsmitglied mit 8,095 Prozent an max.mobil beteiligt.

Mit einer Beteiligung dürften sich die Mäxe allerdings nicht zufrieden geben, denn die Deutsche-Telekom-Gruppe macht traditionell keine halben Sachen, sondern kauft alles oder nichts. In der Telekom, von der auch keine offizielle Stellungnahme vorliegt, hat man die Brautschau noch nicht aufgegeben. Netway würde den Börsewert der TA gehörig aufmöbeln, sagen Insider. Im Content-Bereich würde die TA zusätzlich an Schlagkraft gewinnen. Da bei jet2web, so der neue Internet-name der Telekom, auch der ORF dabei ist, wäre die TA mit einem Schlag ein "Big Player". Es könnte aber kartellrechtliche Probleme geben.