Belgrad – Die Häuser in Kaludjerica schauen eigentlich recht proper aus. Von außen betrachtet würde man wohl nicht glauben, dass die Gebäude in dem Belgrader Stadtviertel allesamt illegal gebaut wurden. Vielen kleinen Häuslbauern ist der Behördenweg zur Erlangung der Baugenehmigung schlichtweg zu mühsam, denn der Grund und Boden in den serbischen Städten gehört nach wie vor dem Staat. Insgesamt soll ein Drittel der Gebäude in serbischen Städten schwarz erbaut worden sein.

Widersprüchlich

Die Restitutionsfragen sind im Gegensatz zu den anderen exjugoslawischen Staaten in Serbien noch ungeklärt. Auch das serbische Raumordnungswesen ist chaotisch, die Gesetze sind widersprüchlich. So brauchte etwa die OMV für die Erbauung einer Tankstelle mehr als hundert Genehmigungen. Der serbische Außenwirtschaftsminister Milan Parivodić will das nun ändern.

Zu Jahresbeginn trat er an Deutschland, Österreich und die Schweiz heran und bat um Hilfe zur Erarbeitung einer Bodenrechtsreform. Die Baugenehmigungsverfahren sollen transparent und ohne Schlupflöcher verlaufen. Der Grund und Boden in den Städten soll privatisiert, die Häuser sollen an die Besitzer oder die Nachkommen jener, die ihr Eigentum nach 1945 verloren zurückgegeben werden. Zumindest sollen die ehemaligen Besitzer entschädigt werden. Viele haben ihre Ansprüche schon angemeldet. Zudem müssen die schwarz erbauten Häuser legalisiert werden, indem die Erbauer etwa über einen längeren Zeitraum in einen Fonds einzahlen.

Die Österreichische Ostzusammenarbeit beauftragte das Center of Legal Competence aus Wien, die Bodenrechtsreform durch österreichische Experten zu unterstützen und finanziert das Projekt mit 800.000 Euro. Die Zeitvorgabe lautete Anfang des Jahres: sechs Monate. Parivodić hatte Sorge, dass vorgezogene serbische Wahlen die Einführung der neuen Gesetze gefährden könnten. Schließlich hält er sie für das allerwichtigstes Reformvorhaben seit der Revolution im Jahr 2000.

Die Zusammenarbeit zwischen den Österreichern, die federführend das Projekt durchführten, und den serbischen Beamten soll glänzend gelaufen sein. Bis Mitte November könnte die Endfassung der Rechtsreform fertig sein. Nicht nur Gesetzestexte wurden geschaffen, sondern auch Aktionspläne, mittels deren die Verfahren umgesetzt werden sollen.

Korruptionsanfällig

„Im Moment weiß man nicht, ob es gut oder schlecht ausgeht“, sagt Hans-Jörg Hummer vom Belgrader Koordinationsbüro der Österreichischen Ostzusammenarbeit. Denn so wie es aussieht, wird in Serbien doch noch gewählt, bevor das Gesetz in Kraft tritt. Und dann geht es darum, dass es nicht in einer Schublade verstaubt. Denn jenen, die bisher bei den Baugenehmigungsverfahren kräftig mitschnitten, dürfte die Reform nicht unbedingt gefallen. Ein Drittel der Korruptionsfälle in Serbien sollen sich laut Parivodić in diesem Bereich abspielen. Zudem könnten sich etwa die Sozialisten gegen die Privatisierungsvorhaben wenden. (DER SSTANDARD, Printausgabe, 24.10.2006)