Die Zeichen stehen auf Wechsel. Was die hohe Politik im Bemühen um eine tragfähige Koalition gerade vortanzt, wird nun auch in politiknahen Unternehmen und Konzernen des Landes nachgetanzt. Neue Köpfe werden alten Gesichtern zur Seite gestellt, manchmal werden Manager, schneller als sie schlucken können, abserviert. Eine Überraschung, wenn dieser Plot nicht auch beim Verbund zur Anwendung gekommen wäre. Schließlich gehören 51 Prozent von Österreichs größtem Stromerzeuger dem Staat. Und solange der Staat die Mehrheit hat, wird die Politik versuchen, in Unternehmen ihres Einflussbereiches anzuschaffen.

Nirgends aber steht geschrieben, dass Vorstände politischen Anweisungen blindlings folgen müssen. Das Aktienrecht geht allemal vor, auch bei teilstaatlichen Unternehmen. Besonders spannend wird deshalb zu beobachten sein, in welche Richtung die künftigen Vorstände die Turbinen des Kraftwerks Verbund stellen. Daran wird man erkennen, wie unabhängig sie agieren.

Zur ersten Nagelprobe könnte die Steiermark werden. Die Landesregierung will Anteile an der Stromfirma Estag zu Geld machen. Ein Interessent ist der Verbund. Setzt sich der Verbund durch, wäre das Aus für die Stromlösung mit EVN und Wienstrom wohl endgültig besiegelt. Das bisherige Verbund-Management hat wiederholt die Sorge geäußert, eine Anbindung an die von Niederösterreich (EVN) und Wien (Wienstrom) dominierten Stromversorger würde die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten hemmen. Die Wettbewerbsbehörde in Brüssel müsste sich die Sache neu anschauen und würde wohl kaum mehr grünes Licht für einen Zusammenschluss geben. Sollte der Verbund die Gespräche aber abblasen, könnte dies als Durchgreifen der Politik gewertet werden. Auch keine schöne Aussicht. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.10.2006)