Muslim und Österreicher sein schließt einander nicht aus, finden Farid Hafez (li.) und Iman Dawoud

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Wien – Der Fastenmonat Ramadan, in dem Muslime tagsüber nicht essen und trinken und spirituell in sich gehen, ist seit dem 24. Oktober vorbei. Der bewusstere Glaube bedeutete aber nicht, dass man im stillen Kämmerchen vor sich hin betet – das Gegenteil ist der Fall, erzählen Iman Dawoud und Farid Hafez von der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ). Jeden Abend tut sich was, jedes Wochenende ist irgendwo im Bekannten-, Familien- oder Freundeskreis „full house“. Dementsprechend schwierig war es in dieser Zeit, sich mit einer größeren Gruppe muslimischer Jugendlicher zu treffen. Dawoud und Hafez schafften es dann doch noch in das türkische Restaurant Etap in der Neulerchenfelder Straße, um über ihren Glauben und die Organisation MJÖ zu sprechen.

„Wir sind nicht repräsentativ“, sagt der 24-jährige Hafez gleich und meint damit auch die familiären Wurzeln, die beide in Ägypten haben. Bei der Zehnjahresfeier der MJÖ im September zählte er unter den mehr als 1000 Feiernden 30 Herkunfts-Nationen, fast alle jedoch sind Österreicher.

Anknüpfungspunkte

Mit einer Dattel und einigen Schlucken Wasser brechen die beiden bei Sonnenuntergang traditionell das Fasten. Darauf angesprochen, ob die muslimische Jugend in der Tradition des relativ neuen Euroislam stehe, sagt Hafez: „Wir sprechen hier von einer österreichisch-islamischen Identität. Wir sagen: Schaut her, ihr seid Österreicher, ihr seid Muslime und das ist kein Widerspruch.“ Kritik üben der Student der Politikwissenschaften und die Turnusärztin sowie die MJÖ generell an der älteren, der ersten Generation zugewanderter Muslime. Diese lebten zwar in Österreich, in Gedanken seien sie aber noch immer in der Heimat.

Die Jugend hier befasse sich aber nicht mit der Politik oder den Problemen der Heimat ihrer Eltern. Die Jugend interessiere beispielsweise, wer der neue Bundeskanzler wird. Bei der Hochwasserkatastrophe vergangenes Jahr fuhren die Jugendlichen ins Krisengebiet. Fast beschämt habe ein dort lebender Muslim zugegeben, dass er nicht daran gedacht habe, ebenfalls zu helfen, erzählen die beiden von dieser Erfahrung. „Das bewirkt ein Umdenken und das ist der Anknüpfungspunkt.“

"Werden für Verrückte verantwortlich gemacht"

Worum es der MJÖ geht, ist Jugendlichen der zweiten und dritten Generation zu zeigen, wie sie partizipieren können, denn sie fühlen sich ausgeschlossen, meint Dawoud. Bei den Treffen, zu denen sich die im Schnitt 14- bis 25-Jährigen einmal wöchentlich einfinden, wird diskutiert, gemeinsam gebetet, manchmal werden auch Aktionen vorbereitet und Themen, wie die Reaktionen einiger islamischer Länder auf die Papst-Rede, diskutiert. Was Hafez bei diesem Thema ärgert, ist: „Wir werden für die Taten irgendwelcher Verrückten verantwortlich gemacht.“ Verrückt, mag man meinen, ist auch, dass die MJÖ erst bekannter wurde, als am 11. September 2006, am Tag nach der 10-Jahresfeier, ein Koffer mit zwei Gaskartuschen vor dem Büro der Gemeinschaft gefunden wurde, sagt Hafez. Der Brandsatz hätte eine große Stichflamme verursachen können, der Absender wurde nicht gefunden.

Zu den Feierlichkeiten meldete sich aber auch eine andere Jugendorganisation zu Wort, die Islamische Jugend Österreichs (IJÖ). Diese machte darauf aufmerksam, dass es ein Musikverbot im Islam gebe – auf dem Fest war der Musiker Sami Yusuf aufgetreten. Denn Musik ist für Obmann Mohamed Mahmoud nicht der Gesang, sondern Instrumente, und das stehe auch im Koran, sagt er. Vom Innenministerium wird die IJÖ als „eher radikal“ eingestuft. Im Gegensatz zur MJÖ, die sich auch am politischen Geschehen im Land beteiligt, rief die IJÖ dazu auf, nicht an der Nationalratswahl teilzunehmen, weil keine Partei die Interessen der österreichischen Muslime vertrete. „Wir sind Österreicher, ja“, beteuert Mahmoud. „Aber der Glaube hat nichts damit zu tun.“ (Marijana Miljkovic, DER STANDARD Printausgabe, 25.10.2006)