Will mehr Fördergelder an Hightech-Unternehmensgründer ausschütten, aber die klassische Regional- und Wirtschaftsförderung trotzdem nicht beschneiden: AWS-Geschäftsführer Peter Takacs.

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Warum die staatlichen Technologieförderer AWS und FFG keine Doppelgleisigkeiten haben, Garantien praktischer als Zuschüsse sind und Patente in China angemeldet werden sollten, erklärte AWS-Geschäftsführer Peter Takacs im Gespräch mit Luise Ungerboeck.

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STANDARD: Austria Wirtschaftsservice (AWS) und Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) betreiben beide Innovationsförderung. Wie vermeiden Sie Doppelgleisigkeiten? Der Forschungsrat würde AWS und FFG gern fusionieren?

Takacs: Die Abgrenzung funktioniert gut. Die FFG ist in der Projektfinanzierung und bei der AWS steht immer das Unternehmen im Vordergrund, und damit die Frage: Wie ist ein Wissenschafter zu einem marktfähigen Unternehmen zu bringen? Das Geld für ein Seed-Financing, also eine Gründerfinanzierung nach einem FFG-Programm wie AplusB, ist dann bei der AWS. Es braucht also beide Einrichtungen.

STANDARD: Wo liegt Ihr Fokus und mit welchen Instrumenten arbeitet die AWS?

Takacs: Besonderes Augenmerk liegt auf Innovation und Entwicklung. In Life Science waren wir sehr früh dran - sowohl in Pre-Seed- als auch in Seed-Finanzierung. Die erfolgt sowohl über Double-Equity, also hundertprozentige Garantiehaftungen für einen Kredit, bis zur Höhe des eingebrachten Kapitals, normale F&E-Garantien als auch Kredite aus ERP-Programmen.

STANDARD: Forschung und Entwicklung (F&E) gilt als die Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts. Wie groß ist das Fördervolumen der AWS? Der Großteil ihres Förderportfolios geht doch nach wie vor in die klassische Förderung von Klein- und Mittelbetrieben (KMU) und in die Sachgüterproduktion.

Takacs: Wir haben das Segment aufgestockt, es ist aber immer nur so viel Geld zu vergeben, wie da ist. 2005 hatten wir 1879 Förderfälle mit einem Gesamtvolumen von 138 Millionen Euro. Natürlich würden wir gern mehr machen! Ab einem gewissen Punkt gehören die Firmen dann aber sowieso in die KMU-Förderung. Wir versuchen ja, Anschluss zu sichern.

STANDARD: Im Vorjahr wurden für 315 Förderfälle insgesamt 370 Millionen Euro an so genannten wachstumsstärkenden Maßnahmen im Garantiebereich vorgenommen, das ist mehr als ein Drittel der gesamten Förderungsleistung der AWS. Sind Kapitalgarantien wirklich super?

Takacs: Das ist von Fall zu Fall verschieden. In der Pre-Seed- und Seed-Phase fehlt meistens Eigenkapital, daher sind Zuschüsse und Starthilfe nötig. Die klassische Förderung ist aber problematisch, besser ist Mezzaninkapital. Das Darlehen wiederum hat den großen Nachteil, wenn ein Projekt schief geht. Am besten und einfachsten wäre der rückzahlbare Zuschuss, aber der geht in Österreich nicht.

STANDARD: Warum nicht, weil das Finanzministerium keine Zuschüsse geben will?

Takacs: Der Nachteil des Zuschusses besteht darin, dass ein Euro Zuschuss nur einen Euro Barwert bedeutet. Bei Krediten und Haftungen entsprechen hundert Euro Haftung drei Euro Barwert, und hundert Euro ERP-Kredit haben sogar zehn Euro Barwert. Das heißt: Wir können höhere Volumina vergeben, ohne an Förderungsobergrenzen zu stoßen.

STANDARD: Garantien sind aber auch keine sichere Bank. Die 23,3 Millionen Euro, die bei der Heinzel Group von Ex-ÖIAG-Präsident Alfred Heinzel in Holland schlagend werden, hätte die AWS in der Gründerfinanzierung niemals verbrennen können. Warum unterstützt die AWS Großunternehmen ausgerechnet bei der Expansion in den Westen?

Takacs: Sie dürfen nicht vergessen, dass in solchen Fällen auch das Garantieentgelt der AWS entsprechend hoch ist. Und: Der Ost-West-Fonds bleibt auch nach einem Ausfall in dieser Größe positiv. Eine Garantie ist im Prinzip wie eine Versicherung.

STANDARD: Wie viele High-Tech-Gründer schaffen es nicht?

Takacs: Im Seed-Financing bringen wir ungefähr 50 Prozent der Firmen durch. Seit Bestehen des Programms, also seit 1989, wurden 155 Unternehmen mit insgesamt 43,4 Millionen Euro finanziert, Ende 2005 waren 77 in Betreuung. Das entspricht, abzüglich der Tilgungen einem Portfoliowert von 26 Millionen Euro.

STANDARD: Der Forschungsrat sagt, Österreich braucht dringend Risikokapital und will Stiftungserträge als Risikokapital steuerbegünstigen. Wie hoch ist der Bedarf?

Takacs: Der Rat hat Recht, mit mehr Geld hineinzugehen, wäre gut. Wir könnten jährlich, vorsichtig geschätzt, das Doppelte sinnvoll einsetzen

STANDARD: Life Science, Pharma und Biotech haben sich insbesondere in Wien sehr gut entwickelt. Experten sagen aber, der Zenit sei überschritten, das Förderportfolio sollte erweitert werden.

Takacs: Stimmt. Deshalb haben wir gegengesteuert und Pre-Seed-Finanzierungen auf Informations- und Kommunikationstechnologie erweitert. Derzeit gehen zwei Drittel in Life Science, eines in IKT.

STANDARD: Die AWS unterstützt Unis, Unternehmen und Privaterfinder mit Beratung, Finanzierung und Verwertung von Patenten. Was bringt das?

Takacs: Die Zahl der Patente und Erfindungen steigt, auch, weil die Universitäten seit 2002 ein Aufgriffsrecht haben. Die AWS will Plattform sein für den Technologietransfer zwischen Anbietern und Nachfragern und hat zwei Programme aufgelegt, Uni-invent und Tecma. 2005 wurden von den Universitäten 196 Erfindungen an die AWS gemeldet, im ersten Halbjahr 2006 waren bereits 195.

STANDARD: Das schützt nicht vor Raubkopien im Ausland.

Takacs: Stimmt, da müssen wir etwas tun, besonders in China, denn ohne Patentanmeldung gibt es dort keinen Rechtsschutz und keine Patentverfolgung. Wir haben dafür das Innovation Protection Programm aufgelegt, das für 2006/07 zunächst mit 1,6 Millionen Euro dotiert ist.

STANDARD: Da werden sich die Chinesen aber fürchten, wenn die große AWS aus Österreich kommt! Was nützt das ohne EU-Gleichklang?

Takacs: Es ist schwierig, ja. Aber die Kosten für eine Anmeldung sind so gering und es gibt auch in China Rechtsschutz. Aber dazu braucht man ein Patent. Österreich könnte damit Vorbild für Europa sein, denn in der EU gibt es kaum Aktivitäten. Es gibt aber Signale von Deutschland nicht nur Richtung China, sondern auch Schwellenländern wie Indien und Russland.