Der Verfasser verleumderischer oder kreditschädigender Postings in Internetforen, wie sie etwa auch derStandard.at betreibt, ist oftmals nicht oder nur schwer greifbar. Es ist daher nahe liegend, dass Verletzte schnelle Abhilfe beim Forumbetreiber selbst suchen. In einer neuen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Wien solchen Bemühungen allerdings einen Riegel vorgeschoben.

Der Betreiber einer Website bot unter anderem ein allgemeines "Off Topic"-Forum an. Dort wurden von Dritten - unter "Anfeuerung" des Moderators - (böse) Persiflagen auf Flugblätter der Klägerin gepostet. Der Betreiber des Forums selbst erfuhr von der Rechtsverletzung erst, als ihn die Klägerin zur Entfernung der rechtswidrigen Inhalte aufforderte. Obwohl der Forumbetreiber die Inhalte unverzüglich beseitigte, klagte ihn die Verletzte auf Schadenersatz.

Das OLG Wien wies die Klage zu Recht ab (3 R 10/06x vom 3. 8. 2006). Das Gericht stellte fest, dass Forenbetreiber gemäß § 16 ECG nur dann für fremde Postings haften, wenn sie trotz zumindest fahrlässiger Unkenntnis den rechtswidrigen Eintrag nicht unverzüglich löschen. Im konkreten Fall hat der Forumbetreiber den Beitrag aber sofort nach der Kenntnisnahme der Aufforderung entfernt.

Es stellte sich allerdings die Frage, ob die frühere Kenntnis des Moderators von der Rechtsverletzung dem Websitebetreiber zuzurechnen ist. Das hat das OLG Wien im konkreten Fall verneint: Der Moderator war mit dem Forumbetreiber nur sehr lose verbunden und insbesondere nicht zur Säuberung der Website verpflichtet.

Das OLG Wien erteilte schließlich auch der Pflicht zur Implementierung von Prüfmechanismen zu Recht eine klare Absage: Das Gericht verwies darauf, dass der Forumbetreiber aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung des § 18 Abs 1 ECG keine solche Pflicht treffe.

Feldkircher Härte

Die Entscheidung des OLG revidiert die sehr strenge "Vorentscheidung" des Landesgericht Feldkirch (3 R 142/04m vom 5. 5. 2004). Hier war das Gericht sehr wohl der Ansicht, dass den Forumbetreiber eine Prüfungspflicht treffe: Er müsse seine Foren regelmäßig beobachten und inkriminierende Textstellen aus eigener Initiative löschen. Unterlasse er dies, würde er auch ohne Kenntnis der Rechtsverletzung haften. In der (zu) harten Entscheidung war das Gericht sogar der Ansicht, dass Foren eben nicht oder nur in eingeschränktem Maße angeboten werden dürften, wenn die geforderte Überwachung nicht garantiert werden könne.

Leider geht aus den Entscheidungen nicht hervor, ob die divergierenden Ergebnisse aus den unterschiedlichen Klagsansprüchen resultieren: Im Verfahren des OLG Wien ging es um einen Schadenersatzanspruch, das LG Feldkirch hatte über einen Unterlassungsanspruch zu entscheiden. In der Lehre ist aber strittig, inwieweit die Haftungseinschränkung nach § 16 ECG auch auf Unterlassungsansprüche anwendbar ist.

Klagsabweisend

Bei der Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für Inhalte Dritter reduziert der Oberste Gerichtshof auch bei Unterlassungsansprüchen die Haftung auf Fälle, wo der Diensteanbieter trotz offensichtlicher Rechtsverletzung untätig bleibt (fpo.at I, 4 Ob 166/00 s und fpo.at II, 4 Ob 176/01 b sowie die Nachfolgejudikatur). Aus dieser Überlegung heraus hätten eigentlich beide Gerichte klagsabweisend entscheiden müssen.

Bis zu einer klärenden Entscheidung des OGH müssen Forenbetreiber mit der Unsicherheit leben, ob Kontrollmechanismen nun haftungsvermeidend sind (LG Feldkirch) oder wegen der daraus resultierenden Kenntnis von Rechtsverletzungen haftungsbegründend sind (OLG Wien). (Axel Anderl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10.2006)