Mariazell – Die Straße der Meister lockt immer mehr Handwerksbetriebe aus ihren Verstecken – jetzt auch aus dem Mariazellerland. 15 steirische Unternehmen, darunter eine Likörmanufaktur, eine Wachszieherei und Trachtenschneiderei, bündeln unter der Dachmarke Meisterstrasse ihre Kräfte. Ziel ist, branchenübergreifend die Brücke zum Kunden zu schlagen.

Den Grundstein legten zwei Studenten vor sechs Jahren. Sie spürten neun Handwerksmeister auf, die einen gemeinsamen Marktauftritt wagten. Heute führt die Meisterstrasse über das Salzkammergut in die Steiermark und nach Niederösterreich zu 106 Betrieben. Sie verbindet außergewöhnliches Handwerk, von der Lebzelterei über die Silberschmiede bis zum Ofenbau und Stammbaum-Atelier.

Handwerkskunst erhalten

Ihre Ambition ist alte Handwerkskunst zu erhalten und neu zu beleben. "Es ist für uns die Möglichkeit, uns größerem Publikum zu präsentieren", sagt Likörmacher Walter Arzberger. "Kleinbetriebe sind Stützen der Wirtschaft, werden aber oft vergessen", sagt Apothekerin Angelika Prentner.

Es sei wie die rote Liste der aussterbenden Tierarten, denn jeden Tag falle ein Handwerk weg, sagt Nicola Rath, Gründerin der Meisterstrasse. Vielen fehlten die Nachfolger. "Die meisten guten Handwerker konzentrieren sich auf die Produktion und haben weder Zeit noch Kopf dafür, sich auch noch mit Marketing auseinander zu setzen."

Die Meisterstrasse versuche Individualisten an einen Tisch zu bringen. Geworben und verkauft werde gemeinsam. Wechselseitige Empfehlungen und Aufträge seien Ehrensache. Dass sich mit Handwerk nicht die Welt erobern lässt, ist Mitinitiator Christoph Rath klar. "Es wird und soll eine Nische bleiben." Dennoch sieht er für die Meisterstrasse Expansionschancen. Er will das Netz der Handwerker flächendeckend über ganz Österreich spannen und den Sprung in den Export schaffen. Geht alles nach Plan, soll in den kommenden ein bis zwei Jahren eine gemeinsame Filiale in Wien eröffnen. Auch Architekten will die Plattform künftig stärker anziehen.

Schritt über den Tellerrand

Vielen Betrieben sei der Schritt über den Tellerrand bereits gelungen. Jüngstes kurioses Beispiel: Der Bad Ischler Tischler Johannes Stockinger baute ein Plumpsklosett anno 1800 mit der Technik von heute, sprich Wasserspülung. Er holte sich mit dem anfänglich belächelten "Häusl" einen Auftrag vom Tiroler Stanglwirt und erste internationale Order. (baf, vk, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.11.2006)