Wien - In Österreich ist ein großflächiges Blackout am Samstagabend knapp abgewendet worden: Man habe "extraordinäres Glück" gehabt, sagte der technische Vorstandsdirektor der Verbund-Netztochter APG, Heinz Kaupa im Gespräch mit der APA. Er sprach von starken Netzbelastungen durch durch hohe Lastflüsse und sieht den Bedarf für einen 380 kV-Ring in Österreich bestätigt. Mehrere tausend Haushalte hatten jedoch auch hier zu Lande kurzzeitig keinen Strom.

Besonders stark betroffen war etwa die Steiermark, wo 50.000 Haushalte die Netzprobleme spürten. Die Störung betraf alle Landesteilen zu spüren, wenn sie sich auch unterschiedlich äußerten. In Graz brachte der Ausfall bei den allermeisten Bürgern nur ein kurzes Flackern der Glühbirnen. Die Netzleistung sei unverzüglich um rund 100 Megawatt gesenkt worden, so ein Sprecher des Landesversorgers Energie Steiermark (EStAG), dann habe man sukzessive mit dem Hochfahren der betroffenen Leitungsabschnitte begonnen. Größere Betriebe oder Einrichtungen seien nicht betroffen, hieß es.

Auch Flughafen betroffen

In Niederösterreich waren nach Angaben von Stefan Zach, Sprecher des Energieversorgers EVN, am Samstagabend etwa 1.800 Haushalte kurzzeitig ohne Strom. Der Ausfall im Raum Kilb (Bezirk Melk) habe rund zwölf Minuten gedauert. Sechs Minuten keinen Strom hat es auf dem Flughafen Wien in Schwechat gegeben, der von Wienstrom versorgt wird, teilte Sprecherin Brigitta Pongratz mit.

In Oberösterreich waren vor allem Linz und Wels betroffen. In der Hauptstadt fielen die Ampeln aus, in der Industrie kam es - etwa in den Papierfabriken - zu einem Maschinenstopp und dadurch zu Produktionsausfällen. Zusätzlich waren 1.000 Haushalte vorübergehend ohne Strom, so Walter Czetsch von der Energie AG (EAG). Keine Probleme meldete Vorarlberg.

Das Beinahe-Blackout sei "eines der Symptome eines grundsätzlichen Problems", meinte Kaupa am Sonntag im Gespräch mit der APA: Einerseits sei der Stromverbrauch in den vergangenen Jahren stark angestiegen, andererseits habe man wichtige Erzeugungsstellen geschlossen: Die Marktöffnung im Jahr 2001 habe bewirkt, dass Kraftwerke nur noch dann eingesetzt würden, wenn sie lukrativ sind. Sprich: Wenn Strom benötigt wird, muss er oft von weit her zugespeist werden. Das führt zu hohen Lastflüssen in den Leitungen.

Die Energieflüsse gehen dabei quer durch Europa: "Wir sind sogar beeinflusst, wenn Norwegen wenig Strom erzeugt", so Kaupa. Auch sei es beispielsweise so, dass innerdeutsche Stromflüsse oft übers Ausland abgewickelt würden. All das wirkt auch auf das österreichische Netz, wo die eigenen Lastflüsse überlagert werden.

Kaupa pocht daher auf die Fertigstellung des 380 kV-"Sicherheitsringes". Derzeit sei es etwa so, dass in die Steiermark rund zwanzig Jahre alte Leitungen laufen, die nur mit Ausnahmegenehmigungen zu betreiben sind.

Seitens der Gegner der 380-kV-Leitung durch die Oststeiermark hieß es dazu, der Vorfall habe gezeigt, "wie abhängig Europas Stromversorgung von Großkraftwerken ist und wie sehr Ausfälle durch die internationale Vernetzung großflächig die Stromversorgung auf dem Kontinent zum Erliegen bringen können". Der Bau weiterer 380-kV-Leitungen sei nicht ein Teil der Lösung, sondern ein Teil des Problems.

Bei den Leitungsproblemen in Europa der vergangenen Nacht sei Europa in einen West- und einen Ostteil gespalten gewesen, schilderte Kaupa. "Der Riss ist genau durch Österreich gegangen." Man habe etwa zwei Stunden gebraucht, bis halbwegs wieder der Normalzustand hergestellt gewesen sei. (APA)