Der Pekinger Afrika-Gipfel wurde zur Meisterleistung chinesischer Regie. 50 Minuten dauerte die imperiale Empfangszeremonie in der Großen Halle des Volkes. 48 Vertreter afrikanischer Staaten, darunter 41 Staats- und Regierungschefs, machten hintereinander dem in der Mitte des Saales wartenden Präsidenten Chinas, Hu Jintao, ihre Aufwartung. Pekings Presse sprach vom "historischen Gipfel" und druckte Titelseiten mit roten Schlagzeilen. So wie sonst nur zu Parteitagen.

China hatte allen Grund zum Feiern. Mit dem Mammuttreffen demonstrierten seine global agierenden Führer, die neuerdings von Asien, Europa bis nach Lateinamerika eine aktive Gipfel- und Großraumdiplomatie betreiben, dass sie sich stark genug fühlen, auch einen ganzen Kontinent zu umarmen. Dabei haben sie bisher weder wirtschaftlich noch entwicklungspolitisch Afrika viel geboten. Der Handel macht kaum drei Prozent ihres Welthandels aus, ihre Investitionen (weniger als zehn Prozent) fließen fast nur in die Förderung von Erz und Öl. Ihre Zusagen zu uneigennütziger Hilfe stehen im Missverhältnis zu den sich in ihren Kassen türmenden Devisen.

Peking hat aber mit dem Gipfel sein weltpolitisches Prestige aufgewertet und sich im intensivierenden Wettlauf um Ressourcen in Afrika in Stellung gebracht. Seit 1995 hat es sich mit 27 Öl- und Gasprojekten in mehr als einem Dutzend dortiger Länder eingekauft. Seine Anteile an den Bodenschätzen wie zuletzt ein Milliardendeal mit Nigeria oder der Kauf einer Eisenerzmine in Gabon werden größer. Dafür zieht es nun auch Kredite und Hilfe aus dem Hut. Geld hat Peking genug, etwa gigantische Devisenreserven über 1000 Milliarden Dollar.

Chinas Engagement ist in Afrika nicht unumstritten. Mit Dumping von Billigtextilien, aggressiver Energiepolitik, um an Bodenschätze zu kommen, und unethischem Geschäftsgebaren mancher frühkapitalistischen Unternehmer machte sich Peking nicht nur Freunde. Für China spricht aber in den Augen vieler Staaten der zweifelhafte Vorzug, dass es nur kommerzielle Strategien verfolgt und sich um politische oder menschenrechtliche Probleme nicht schert.

Chinas Baufirmen, die viel billiger als ihre europäischen Konkurrenten sind, bewerben sich um den Bau von Auto- und Eisenbahnen, Flug- und Seehäfen, Telekommunikation und Hightech. So wie einst China vor 25 Jahren wollen die meisten Staaten Afrikas eine neue Infrastruktur haben. Peking bietet sie preiswert und im Gegenzug für Bodenschätze und Öl, auf deren Import es dringend angewiesen ist. Chinas Vordringen nach Afrika ist geplant und wird von einer Kultur- und Tourismusoffensive unterstützt. Mehr als 100.000 Diplomaten, Geschäftsleute, Ingenieure und Gastarbeiter leben bereits als Vorhut auf dem schwarzen Kontinent. Die USA und Europa haben das Nachsehen, wenn sie Afrika weiter wie bisher vernachlässigen oder nur als Kontinent der Probleme abschreiben. Sie müssen sich auf einen ehrgeizigen Neuankömmling einstellen, der den von ihnen vergessenen Kontinent mit Freuden umarmt. (Johnny Erling, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.11.2006)