Zur Person

Nikola Gruevski (35) ist Chef der rechtsnationalen VMRO-DPMNE und seit August Premierminister.

Foto: Fischer
Der mazedonische Premierminister Nikola Gruevski glaubt, dass sein Land bis 2013 Mitglied der EU sein wird. Mit Gruevski, der eine Zehn-Prozent-Flat-Tax einführen will, sprach Adelheid Wölfl.

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STANDARD: Sind sie enttäuscht, dass es kein Datum für den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen gibt? In den nächsten fünf bis sechs Jahren soll es gar keine Erweiterung geben.

Gruevski: Die EU wartet jetzt auf die neuen Resultate der Reformen in Mazedonien, die sich durch die Wahlen im Juli verzögert haben. Unser Ziel ist es bis Ende des nächsten Jahres ein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen zu bekommen. Und wahrscheinlich können wir einige Monate später, 2008 während der slowenischen Ratspräsidentschaft mit den Verhandlungen beginnen.

In den nächsten fünf Jahren können wir nicht beitreten, aber in sechs, sieben Jahren, warum nicht? 2012 oder 2013 glauben wir, dass wir Mitglied der EU sein werden. Abgesehen davon gibt es eine Krise der Erweiterung wegen der Diskussion um eine EU-Verfassung und Änderungen in den Beziehungen von einigen EU-Ländern. Aber wir glauben, dass die kommende Periode eine bessere Zeit für die Erweiterung wird. Mazedonien ist was die Aufnahmefähigkeit der EU betrifft, nicht gefährlich. Unser Land hat nur zwei Millionen Einwohner.

STANDARD: In der EU gab es Kritik an der Politisierung der mazedonischen Verwaltung seit Ihrem Amtsbeginn.

Gruevski: Es stimmt überhaupt nicht, dass wir nur politisieren wollen. Aber es stimmt, dass wir die ehemaligen führenden Leute ausgetauscht haben und zwar weil sie ihren Job nicht gemacht haben. Was unsere Regierung betrifft, so sind von elf Ministern sechs überhaupt nicht Mitglieder unserer Partei VMRO-DPMNE, fünf sind einfach Experten, vier kommen aus der Diaspora.

STANDARD: Aus Brüssel gab es auch Kritik, dass die größte Albanerpartei, die Demokratische Union der Integration (DUI) nicht in der Regierung sitzt. War das ein Fehler?

Gruevski: Die DUI war in der vorigen Regierung schon an der Macht und die Öffentlichkeit in Mazedonien hat in dieser Zeit viele kriminelle und Korruptionsaffären erlebt. Außerdem wollten sie nicht mit der anderen Albanerpartei, der DPA zusammenarbeiten, sondern Exklusivität. Und während der Regierungsverhandlungen haben sie Gewalt angewendet. Es ist für uns nicht akzeptabel einen Partner zu haben, der Gewalt androht, wenn er nicht in die Regierung eintritt.

STANDARD: Erwarten Sie Probleme in Mazedonien was die Lösung der Kosovo-Frage betrifft?

Gruevski: Ich erwarte keine großen Probleme. Aber für die Region und Mazedonien ist es wichtig, – was auch immer der Status des Kosovo sein wird – dass es nachher ein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen gibt. Wenn das nicht passiert, kann es sein dass die radikalen Albaner wieder beginnen Probleme zu machen.

STANDARD: Sie wollen ab 2007 eine Flat Tax von zwölf Prozente, ab 2008 sogar eine Flat Tax von zehn Prozent einführen. Was erwarten Sie sich davon?

Gruevski: Ich glaube Mazedonien wird das konkurrenzfähigste europäische Land, was die Steuern betrifft Wir werden aber auch in die Bildung investieren. Informatik wird zum Pflichtfach, wir werden für alle Schulkinder Computer kaufen, insgesamt 180.000. Und es wird eine verpflichtende Sekundarstufe geben, etwas was es nur in vier anderen europäischen Ländern gibt. Wir tun dass, weil in Mazedonien mehr als fünfzig Prozent der Leute nur die Elementarstufe oder nicht einmal die absolviert haben.

STANDARD: Sie haben zweimal den Titel „Mann des Jahres“ bekommen. Für was wollen Sie ihn das dritte Mal bekommen?

Gruevski: Für Wirtschaftswachstum. Ich möchte für Mazedonien den gleichen Erfolg schaffen wie die Slowakei. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.11.2006)