
SP-Chef Alfred Gusenbauer gehen die Verhandler aus. Eine rote Minderheitsregierung wird wahrscheinlicher.
Die beiden SP-Bundesgeschäftsführer Doris Bures und Norbert Darabos betonten einmal mehr, dass die Bildung einer Minderheitsregierung „kein politisches Ziel“ sei: „Die österreichische Sozialdemokratie will eine Koalition mit der ÖVP.“ Die SPÖ habe „Brücken gebaut und Hände gereicht“, sagte Bures. Jetzt müsse die ÖVP entscheiden, was sie eigentlich wolle. Sie habe den Eindruck, dass die ÖVP mit ihrer Tempoverschärfung bei den Untersuchungsausschüssen versuche, „auf die Ergebnisse der Ausschüsse Einfluss zu nehmen“.
Kulinarische Vergleiche
Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der als erster hoher SP-Funktionär auch öffentlich mit einer Minderheitsregierung zu liebäugeln begonnen hatte, nahm sich am Dienstag wieder ein bisschen zurück – und griff zu kulinarischen Vergleichen: „Die SPÖ hat die ÖVP zum Essen eingeladen, die ist gekommen, hat festgestellt, dass ihr das Essen nicht schmeckt, und ist wieder aufgestanden und fortgegangen.“ Die Essenseinladung der SPÖ stehe nach wie vor, betonte Häupl, aber die Geduld der Wähler sei mittlerweile zu Ende.
Er wünscht sich nach wie vor eine „große, stabile Regierung“ mit der ÖVP, aber die könne man dazu freilich nicht zwingen. Wenn die schwarzen Gäste partout nicht zurückkehren wollen, dann gibt es für Häupl drei Möglichkeiten: „Entweder man isst alles selber, man lädt neue Gäste ein, oder man muss etwas Neues kochen.“ Ersteres hält Häupl für durchaus möglich. Eine Minderheitsregierung sei aber nicht viel mehr als eine „Übergangslösung“, schließlich könne man mit dieser Regierungsform keine großen Reformen durchsetzen.
Über kleinere Beschlüsse könne man durchaus nachdenken, glaubt Häupl, und nannte als Beispiel die Abschaffung der Studiengebühren.
Kulinarische Vergleiche
Die Nachfrage, wer der SPÖ in diesem Fall als Mehrheitsbeschaffer behilflich sein könnte, wollte er aber nicht beantworten: „Ich bin nicht damit beauftragt, Mehrheiten im Parlament auszuloten.“ Auch SP-Klubobmann Josef Cap hatte einen neuen Vorschlag, die ÖVP zurück an den gedeckten Tisch zu locken: Man könnte ja die Koalitionsverhandlungen während der Zeit weiterführen, die in den U-Ausschüssen für das Aktenstudium aufgewendet werde. Damit könnte eine Regierung stehen, bevor VP-Obmann Wolfgang Schüssel in den Zeugenstand geladen wird.
Die ÖVP lehnte umgehend ab. Das hätte sich die SPÖ vor Einsetzung der U-Ausschüsse überlegen müssen, antwortete Klubchef Wilhelm Molterer. Für VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka ist ohnehin klar, dass die SPÖ kein Interesse an einer großen Koalition hat. Die Linie der ÖVP sei klar und unverändert: Zuerst werde man die U-Ausschüsse bewältigen, dann die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ wieder aufnehmen. Davon will die SPÖ jedoch nichts wissen.
Keine Unterstützung
Die Oppositionsparteien sehen keinen Grund, eine rote Minderheitsregierung zu unterstützen. Grüne, FPÖ und BZÖ schlossen das dezidiert aus, wobei Erstere lieber sofort in Neuwahlen gehen würden. Ein „Ende mit Schrecken“ sei weiterem Gezerre auf jeden Fall vorzuziehen, heißt es. Das BZÖ hält allerdings nichts von Neuwahlen.